Happy Diwali!
Galanteriewaren ist ein Wort, das leider aus der deutschen Sprache verschwand.
Meine Seminararbeitsbetreuerin gab ihr okay für das fiktive Beispiel Freibadpommes. Das wird vielleicht nicht der Gipfel der Professionalität im Beispiel, aber hey, Freibadpommes.
An der Zentralhaltestelle Chemnitz sprach uns eine Frau ein. Sie sei jetzt für zwei Wochen aus Spanien in Deutschland. Und deshalb brauche sie Geld für ihr Kind, ob wir ihr etwas geben können? Ich bin verwirrt.
Ich bin ein Mensch, der versucht, Wiederholungen zu vermeiden. Wenn wir also das dritte Jahr in Folge nahezu einen identischen Ausflug machen, dann können wir von Tradition sprechen. Außerdem ist das Halloween-Schlemmer-Theaterwochenende in Chemnitz offensichtlich gut.
Punkt 1: Burger und Halloweenkostüme. Einmal pro Jahr darf ich mich freuen, dass eine Gaststätte „amerikanisches Essen“ nicht als Ausrede nutzt, um nicht kochen zu können. Wer Philly Cheese Steak und Eggs Benedict auf die Karte setzt, versteht einiges von amerikanischer Küche. Die Umsetzung rechtfertigt die Feinschmecker- und sonstige Restaurantguide-Anpreisungen, die an der Wand des 50s Ville Diner hängen. Nur Pastrami fehlt.
Vor allem aber erfreuen wir uns an der Liebe zum Detail in Restaurant und Motel, die bei den Lichtschaltern beginnt, über die Zusammensetzung der Gerichte geht und bis zu den Halloween-Kostümen der Mitarbeitenden reicht.
Punkt 2: Smac, das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz.
Holzgriffbegreifen
Das smac residiert im ehemaligen Kaufhaus Schocken. Im Erker des Baus ist eine kleine Geschichte zum Kaufhaus und wie es den Nazis zum Opfer fiel. Auf den unteren drei Stockwerken befindet sich die Dauerausstellung, im obersten eine Sonderausstellung.
Die Dauerausstellung widmet sich chronologisch der Geschichte Sachsens seit der Steinzeit anhand archäologischer Funde – liebevoll gemacht und auf einem aktuellen museumspädagogischen Stand. Die Sonderausstellung Silberglanz und Kumpeltod widmete sich dieses Jahr dem Thema Bergbau.
Wie schon 2023 (Wohnen) zeigte sie das spannende Konzept, dass die Stücke thematisch geordnet waren. Und so fanden sich Werkzeuge, Prunkgegenstände et cetera aus der Bronzezeit direkt neben ihren Äquivalenten aus dem 19. Jahrhundert.
Es funktioniert hervorragend. Während ich bei der chronologischer Darstellung leicht zum Faustkeilüberdruss neige, funktioniert mein Denkprozess bei dieser Aufbereitung so, dass ich denke „oh wow, 50 Jahre alt. Oh wow, 500 Jahre alt. Oh wow, 5000 Jahre alt!“
Unser Highlight: Steinwerkzeuge, bei denen sich durch glücklichen Zufall auch der hölzerne Griff erhielt. Sie ergeben plötzlich soviel mehr Sinn.
Ich lernte: Das Metall, das in den größten Mengen nach Deutschland eingeführt wird, ist Eisen. (logisch). Nummer 2 ist Bauxit. Wir mussten duckduckgoen wofür man Bauxit nutzt.
Auch gelernt: Der erste erhaltene Metallgegenstand Sachsens ist ein Ohrring. Auch dieser wurde ausgestellt. Das älteste Buch zum Umweltschutz erschien 1490 von Paulus Niavis. In Iudicium Iovis lässt er die antiken Götter über den damaligen Bergbau im Erzgebirge urteilen.
Mit der Tram in die Berge
Hach, Chemnitz. Jedesmal wenn ich komme, denke ich „wie Leipzig 1995“ und ich möchte sofort da bleiben. Diese Mischung aus freiem offenen Raum für alles, verbunden mit Kultur und Tradition und Besonderem. Dieses Dorfgefühl verbunden damit, dass jeder dritte Mensch in Tram oder Innenstadt kein deutscher Muttersprachler ist.
Bodenständiges Provinzkuscheln mit Weltanspruch; Raum großer Möglichkeiten mit verbundenen Keimzellen für diese.
Jedesmal bin ich kurz davor, einen Umzug zu planen. Dann denke ich „sächsische Landesregierung“ – und dann will ich vielleicht doch nicht mehr nach Chemnitz.
Da wir beide noch nicht 100% wieder auf den Beinen waren, dachten wir, wir delegieren das Sighseeing an die CVAG – die Chemnitzer Verkehrsbetriebe.
Diese erfanden praktischerweise 2002 das Chemnitzer Modell – eine Mischung aus Tram und Regionalbahn. Und so konnten wir in der Innenstadt in eine Tram steigen, eine Dreiviertelstunde Richtung Aue in die Berge fahren, und dann in Thalheim wieder aussteigen.
Vorbei an Bergbächen, nackten Felsen an Steilwänden, und kleinen Wiesen in Hanglage – während wir in der Straßenbahn saßen. Wir hatten den perfekten Tag erwischt mit strahlendem Sonnenschein und Indian Summer auf sächsische. Ach, hach, ach.
Madame fühlte sich an den Schwarzwald erinnert.
Das passte, denn das Vorbild für das Chemnitzer Modell ist das Karlsruher Modell; in Karlsruhe kann man in die Tram steigen und dann in den Schwarzwald fahren.
Noch ein Grund mehr nach Chemnitz.. aber nein.
Hüfthosendrama
Ein ungeplantes Traditionselement des Besuchs: Wir kaufen Karten für eine kleine Nebenbühne des Chemnitzer Theaters. Die Vorstellung fällt kurzfristig aus, und wir landen im Hauptprogramm.
2024 schickte uns das Theater in Die Neuen Leiden des jungen W.
Es kostete mich Überwindung. Den Roman hatte ich mit etwa 20 Jahren gelesen und jede einzelne seiner Seiten gehasst. Die verwendete Jugendsprache von 1970 war in meiner Jugend das Vokabular, dass die schlimmsten aller Lehrer benutzten, wenn sie sich anbiedern wollten. Ich fühlte mich dauernd dazu genötigt, mich dem Protagonisten Edgar Wiebeau zu identifizieren, obwohl ich ihn doch nicht leiden konnte.
Aber ich vertraute dem Theater Chemnitz.
Zu Recht: Die Inszenierung hatte gewonnen, als in der ersten Szene ein sprechender Chor langhaariger Jeansträger mit Sonnenbrillen und Blueser-Hemden auftrat. Leichtfüßig changierte das Stück zwischen der Tragik der eigentlichen Handlung und dem DDR-Kostümdrama.
Die DDR-Jugendsprache anno 1970 ist inzwischen genauso historisch und der Umgangssprache entschwunden, wie das im Stück zitierte Goethe-Deutsch. Gerade weil die Inszenierung sich so präzise in Berlin 1970 verortet wird der zeitlose Grundkonflikt zwischen ziellos-aufbegehrender Jugend und rigider Erwachsenenwelt deutlich.
Vielleicht hatte die Inszenierung mehr Abstand zu den Figuren – wahrscheinlich hatte ich einfach mehr Abstand zu allem – es gelang mit den Figuren mitzuleiden. Eigentlich mit allen. Und zu lachen. Und mich an den The-Doors-Songschnipseln zu erfreuen, die eingestreut waren.
Außerdem trugen sie großartige Blue Jeans.
Wuthering Ukulelen
Eine der besten Coverversionen von Wuthering Heights stammt vom The Ukulele Orchestra of Great Britain. Es klingt anders. Aber die channeln Kate Bush überzeugend,
Herr Rau plant Vertretungen.
Kellerkind lernte, rechtssicher als Christ zu leben.
Henning Uhle verabschiedet sich vom Exchange Server und möchte nicht nur Tickets bei Microsoft eröffnen.
Ilka darf nicht nach TXL-Nord fotografieren.
Familie Karen auf dem Trip von Turku nach London. In London.
Nee, bei dem Seminar in der Abtei ging es nicht um rechtliches (außer zuweilen beim Gequatsche am Abend 🙂
Das ist übrigens der nette Bruder: https://www.n-tv.de/panorama/Eucharius-ist-Richter-und-Moench-article24102005.html
Sehr geehrte Herr Southpark,
das Erzgebirge würde sie trotz aller politischen Widrigkeiten gerne Willkommen heißen.
MfG
Liesel
Bei mir ist das mit den Ausstellungssortierungen genau umgekehrt: Ich mag es lieber, wenn Ausstellungen chronologisch sortiert sind (gerne mit Verzweigungen und Verweisungen).
Bei rein thematisch sortierten Ausstellungen frage ich mich immer wieder: ,,Wo bin ich denn gerade?“
Ausnahmen sind da Themenschwerpunkte, die sozusagen kleine Sonderausstellungen darstellen.
Bin da wohl eher Team ,,Zeitreise“.