25-12-09 New York State of mind

Der Wiener Feinbäcker im Südkreuz schloss. Damit wird gerade das ganze Carree durchgetauscht (Döner wird zu Sandwich, Lavazza zu Einstein Kaffee und der Wiener Feinbäcker zu ??)

Das erste Mal nahm ich die Direttissima von der Arbeit über die Ringbahn zur Wohnung. Am Gleis am Südkreuz hörte ich vom Bahnhofsklavier Billy Joels New York State of Mind. Das ist unbedingt ein gutes Zeichen.

Madame bearbeitete DHL- und Hermes-Boten, die sie auf der Straße aufsuchte: „Bei uns wohnt wer! wirklich!“. Beide waren sehr nett und versprachen, zu versuchen, sich daran zu erinnern, dass unsere Adresse existiert. Von beiden kam der Tipp in unserer Situation „Greift euch den örtlichen Boten und redet mit ihm.“ Das machen mir.

Nicht nur ist die ganze Wohnung ungewöhnlich, sondern stand anscheinend auch viele Jahre leer.

Was habt ihr beim Umzug gemacht? Gelesen.

Lesen geht immer. Es braucht keinen Platz. Es verlangt keine Aktivität und bringt mich doch erfolgreich für eine Viertelstunde in einen New York State of Mind. Oder genauer: Erst in einen Kiew state of Mind, jetzt in einen Niederschlesien state of mind

Ausgelesen: Eine Formalie in Kiew. Ein schönes Buch. Mal rührend, mal analytisch, mal humorvoll. Ein Mann auf der Suche nach sich selbst und seinen entfremdeten Eltern zwischen deutscher Ausländer-Bürokratie und ukrainischer Entdankung. Der Wendepunkt kommt, als er sich selbst bei Bauarbeitern entdanken muss, damit diese ihn durch die Baustelle zum Arzt seines Vaters lassen. Die Umstände bleiben so desaströs wie sie sind, aber die Familie in all ihrer Unvollkommenheit, die auch bis zum Ende bleibt, findet einen anderen Umgang. Ein schönes Buch, vielleicht am Ende einen Tick zu nett, vielleicht hätte ich öfter einmal weniger „ja, ja“ nicken wollen und mich mehr fragen wollen „Was ist das jetzt?“

Ein Buch zum Behalten: Eher nicht.

Danach angefangen: Tomasz Duszyński: Glatz. Ein polnischer Krimi, der 1920 in der niederschlesischen Stadt Glatz spielt. Im Setting liegt das überraschend nah an Effi Briest und der Vampir, literarisch-stimmungsmäßig ist es aber eindeutig hard-boiled-Krimi der 2000er. Vielleicht wird es mir zu formalhaft. Mal schauen.

Der kleine Stehtisch hat keinen Platz

Noch ein Monat und wir laden die Frühschwimmer*innen hier jeden Dienstag früh zum Kaffee ein. Natürlich stehen vor der Tür immer dieselben, die warten und sie und Madame beginnen sich gerade besser kennenzulernen.

Ironischerweise waren wir immer noch nicht schwimmen. Noch tackert uns der Anblick der Kartons in der Wohnung fest, lieber nochmal ein wenig Räumen und schauen, ob wir die DVDs finden..

Stand des Umzugs: um die 70 Kartons müssen noch ausgepackt werden. Mir ist es immer noch nicht gelungen, alle Kartons konsistent zu zählen. Aber mir scheint, aus den 160 Kartons des ursprünglichen Angebots wurden in der Realität ungefähr 200. Die Schränke und Billys fassen mehr als mensch von außen so denkt – selbst bei Profis.

Es waren zweieinhalb Tage des Nachumzugs.

Madame bereitete das erste warme Essen in der Wohnung. Sonntag: Weißwürste (bedürfen nur eines Wasserkochers), Montag: Aldi-Fertigpizza (Funktionstest neuer Ofen). Nur die Kochplatte ist noch so vollgeräumt, dass es wohl dauern wird.

Es macht Fortschritte: Konnten wir am Wochenende das Canapee nicht einmal sehen, ist es inzwischen sogar ab und an sitzbar. Auch in dem vollsten Raum, The Study, vielleicht auch das Kaminzimmer, kommen wir mittlerweile an alle Fenster. Außer den Putzlappen ist alles Vermisste aufgetaucht.

The Study. Kamin schaffen wir auch noch.

Sogar für die Gelehrten

Wenn ich einmal richtig alt bin, wird vermutlich das letzte woran ich mich erinnere, der Anfang von Die Weihnachtsmaus sein. Vielleicht sollte ich noch einmal das ganze Gedicht wiederlernen. Aber schön zu sehen, dass es auch anderswo Erinnerungen auslöst.

Deutsche-Bahn-Stories gibt es viele. Diese hoffentlich nur einmal. Meine Güte. Ach du meine Güte. Meine Güte: 2025-11-30 Sonntag

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