Manchmal, selten, fahren wir auf der Autobahn A19 an Seen, Wäldern und braunen Hinweistafeln vorbei. Bei wiederholten Tätigkeiten bildet sich schnell eine Tradition. Und so wurde es zur Tradition, dass Madame bei der braunen Autobahntafel „Agroneum Alt-Schwerin“ erwähnte, dass wir dort unbedingt hinfahren müssen. Sie besuchte das Museum einst im Rahmen einer Exkursion der Hamburger universitären Museumswissenschaft und staunte.
Traditionen müssen gebrochen werden.
Auf einen kleinen Tipp hin, schenkte uns der Kaptain zu Weihnachten einen Ausflug nach Alt-Schwerin, den wir zu einem MV-Wochenende ausbauten. Auf dass Madame etwas anderes sagen wird, wenn wir wieder an der Tafel vorbeikommen.
Freitag: Berlin -> Lenz (Malchow) -> Malchow -> Lenz (Malchow)
Nachdem unsere Arbeitgeber uns in die Freiheit entlassen hatten, packten wir Sachen und brauchen auf nach Norden. Direkt nach der Autobahnabfahrt fanden wir uns auf feldigen Feldwegen, fuhren teilweise im Schritttempo, da wir weder die Rehe neben der Straße noch die Herde Mufflons auf der Straße anfahren wollten.
Wir warfen Koffer im Hotel ab, fuhren auf die andere Seite des Petersdorfer Sees und landeten in Malchow in „Dat Fischhus„. Das Internet war sehr angetan, nur einige Leute beschwerten sich lautstark und mit leicht jammernden Unterton über die Blonde Frau, die so unhöflich ist. Vor meinem inneren Auge baute sich die Hoffnung auf eine total freundliche, resolute Wirtin auf, die es nicht abkann, wenn man ihr komisch kommt. Und meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Guter Fisch zudem.
Unser Hotel, das Boutique & Art Hotel Lenz war stilvoll genug, um sich in der Lounge/Bar noch einen Absacker-Negroni zu gönnen. Wir wankten an Drucken der Berliner Schule der Malerei ins Bett. Uns faszinierte: Dieses Hotel begann sein Leben als Jugendfreizeitheim der DDR. Wenn man es weiß, kann man es ahnen. Aber der Charakter des Hauses drehte sich seit der Wende um ungefähr 170 Grad.
Samstag: Lenz (Malchow) -> Alt-Schwerin -> Malchow -> Rostock
Samstag folgte der anvisierte Höhepunkt. Das Agroneum, ehemals Agrarhistorisches Museum Alt-Schwerin. Dieses Museum teilt sich in zwei.
Die Innenräume im Dorf direkt. Die sind so speziell, dass sie museumswissenschaftliche Exkursionen lohnen. Die damalige Ausstellung wurde 1988 zu Ende der DDR gestaltet und seitdem als „Museum im Museum“ nicht mehr angefasst. Man erfährt nicht nur etwas über die landwirtschaftsgeschichte Mecklenburgs, sondern auch wie die DDR sich Museen vorstellte. Und für uns beide führte eine Memory Lane in die 1980er, denn natürlich gab es genug Trends der Museumspädagogik, die auch in West-Museen der 1980er standard waren und inzwischen verschwanden.
Das Freigelände befindet sich am Rande des Dorfes und lebt zeitlich deutlich mehr im Jahr 2023. Es präsentiert landwirtschaftliches Gerät aller Art. Angefangen mit vielen Dutzend Pflügen bis hin zu DDR-Agrafliegern, die Felder düngten. Mich beeindruckten besonders die Dreschmaschinen, teilweise in der Größenordnung fahrender Fabriken und so sehr low tech, dass jeder Riemen und jedes Teil zu sehen ist, sowie das Dutzend Eigenbautraktoren aus DDR-Zeiten, die aus Trabant-Motoren, LKW-Achsen und rumänischen Gelädenwagengetrieben zusammengeschweißt wurden.
Es war eisig, windig und immer wieder regnerisch. Madame fühlte sich an Sommerferien in Wales erinnert: „Ich stehe um Regen und besichtige Dampfmaschinen.“
Abends: Rostock. Hafenspaziergang.
Sonntag: Rostock -> Berlin
Frühstück in der Alten Likörfabrik mit Pancakes und Hafenleberwurst. Ein Bummel durch die Rostocker Altstadt und den Ostermarkt (mehrere Stände boten gebratene Leber an – wir sahen so etwas noch nie auf einem Volksfest) und dann über den Stadthafen zurück zum Auto.
Das Auto brachte uns ins Hansaviertel zur Schwimmhalle Neptun: ein mehr als spannendes DDR-1950er-Prestigebad. Aber dazu später an anderer Stelle mehr.
Der Rückweg führte uns an „unserem“ Spargelhof vorbei und staunend stellte ich fest, dass die Saison schon begonnen hat. Der Parkplatz war voll, der Hofladen verkaufte Spargel (zur Orientierung und Erinnerung: Stangenspargel ab 12€ / Kilo in höheren Qualitätsklassen aufwärts, Spargelbruch 12€/2 Kilo. Wir aber nutzten die Vorteile Berlins und ließen uns von Neapolitanern inmitten von diversen italienischen Familien Pizza Margherita zubereiten und servieren.
Fundstücke
Irgendwie ging ich davon aus, dass ich mich schon kreuz und quer durch Gabriele Frankemöllers Slowcooker-Blog gekocht habe. Aber ihre Liste der 10 ganz neue beste Slowcooker-Gerichte enthält nur mir unbekanntes. Das sollte geändert werden.
Durch Zufall entdeckte ich, dass das Stadtbad Schöneberg eine Filmkulisse geben darf. Zumidenst sehen mir die beiden Hallenfotos danach aus. Mirage kann am 17. April im Kino gesehen werden im Rahmen des Achtung Berlin Filmfestivals.
Irgendwann zwischendurch unterhielten wir uns über Die Nebel von Avalon. Mein kurzes googlen: „Was wurde aus Marion Zimmer Bradley“ war schocking.
Wegen dem Herzinfarkt oder den Spftpornos?
Mehr wegen „m Jahr 2014 wurde Bradley von ihrer Tochter, Moira Greyland, vorgeworfen, sie im Alter von drei bis zwölf Jahren sexuell missbraucht zu haben. Zudem beschreibt Greyland ihre Kindheit als sehr gewalttätig und gibt an, Marion Zimmer Bradley habe sie mehrfach beinahe umgebracht. Greyland zufolge sei sie auch nicht das einzige Opfer, es gebe etliche weitere Opfer beider Geschlechter.[14][15][16] Der Autor Jim C. Hines gab an, Bradley habe die sexuellen Übergriffe ihres mehrfach einschlägig vorbestraften[17] Ehemannes Breen auf Kinder gedeckt“
Und dein Reisebericht enthält mir unbekanntes, aber ich sollte mal die Vernachlässigung deutscher Ziele beenden – das Hotel ist notiert 😉 Aber Dampfmaschinen im Regen, nee, brauch ich nicht;-)
Das Hotel ist ja auf jeden Fall sehr speziell und offensichtlich mit Liebe geführt. Ich glaube bei einem längeren Aufenthalt hätte ich mich fast zu sehr bepuschelt gefühlt. Aber der eine Tag war nett; und eine wirklich sehr ländliche Gegend drumherum mit schönen Seen (Plural) und Mufflons.