Madame empfiehlt es nicht, am Hohenzollerndamm aus der Ringbahn zu steigen.
Auf dem Dach des Hinterhauses standen Zimmerleute und errichteten im Schneesturm einen Dachstuhl. Mein Respekt geht an die Zimmerleute, weniger Respekt an die Dachstuhlausbau-Planer:innen. In Königs Wusterhausen schneite es heftig, in Berlin stürmte es mehr.
Der Azubi lobte mich, dass es mir fast peinlich wurde. Zum Glück waren wir allein zum Mittagessen in der Essbar und es hat sonst niemand mitbekommen. Sonst hätte ich allein aus Gründen der Höflichkeit widersprechen müssen. Und das wollte ich auch nicht.
Zum Wochenende hin zog die Ringbahn alle Register. Es begann mit Verzögerungen im Betriebsablauf und einer Weichstörung. Als dann eine Bahn kam, war sie entsprechend voll. Trotzdem gelang es dem kotzenden Mann problemlos, einen Dreiviertelwagen für sich alleine freizuhalten.
Im Nebenwagen war das Gedränge groß. Die Frau mit Fahrrad und 2-Meter-hohem „Hirnstrahlen.. die Konzerne.. erwecken sexuelle Gedanken“-Poster verbesserte die Situation nicht.
Für Euch getestet: auch wenn man mal zwei S-Bahn-Stationen Zeit hat, ein solches Poster zu lesen, ergibt es immer noch keinen Sinn. Weniger liest es sich wie „Auf jeder Ampel sitzt eine Hypnosekröte und kontrolliert uns“ – das wäre immerhin ein falscher aber in sich nachvollziehbarer Gedanke. Sondern mehr wie „Hypnösekröte auf alles Ampel Hypnose unter Kontrolle Kröte Ampel“.
Nachdem diese Frau uns verlassen hatte, fing im Wagen eine Prügelei an. Zum Glück am anderen Ende und durch einen kompletten S-Bahn-Wagen getrennt. Aber es wurde geschrien, geschlagen und getreten, es floss Blut, jemand wollte die Polizei rufen und am nächsten Bahnhof sind zwei Männer davongerannt. Vermutlich ging es um Ukrainer gegen Russen, aber das ließ sich nicht so genau erkennen.
Und bis dahin hatte unser eigentlicher Abendevent nicht einmal begonnen.
Wir hatten Karten für Block Nord. Die Bezeichnung kenne ich nur aus dem Niedersachsenstadion (96!) und dem Olympiastadion, hier aber ging es um das Zeiss-Großplanetarium.“Astronomie aktuell“. Nach mehreren Planetariumsbesuchem mit Kulturproramm (2001 Space Odyssee und Theremin-Konzert) wollten wir endlich einmal das Planetarium mit sich selbst erleben. Ich erwartete einen Altersschnitt von 68, eine hohe Pollunderdichte und zwei Studienrät:innen auf drei Plätze.
Mit uns in der Prenzlauer Allee stiegen viele Menschen aus, darunter viele junge, schöne, coole. Wo die wohl hinwollten? Sie gingen mit uns Richtung Planetarium. Und noch unglaublicher, sie gingen hinein. Ich checkte noch mal die Karten, nicht dass Astronomie aktuell gestern war und heute irgendwie „Ed Sheeran Space concert live per Video“ – Nein. Die wollten alle zu uns.
Und nach der Show verstand ich warum. Die waren alle schon mal dagewesen und kamen wieder. Der Vortragende Planetariumsdirektor (der sehr viel lockerer war als es seine Berufsbezeichnung vermuten lässt) fand eine gute Mischung aus Information und Unterhaltung. Nach dem obligatorischen „der Sternenhimmel im November und den Mars finden sie zwischen den Hörnern des Stiers“ folgten die Artemis-Mission und vor allem das James-Webb-Teleskop.
Bei der Geburt von Sternen ging dem Herr Direktor sichtbar das Herz auf und James-Webb war ein Lieblingsthema. Er zeigte aktuelle Aufnahmen des Teleskops und richtete sein Augenmerk auf die Wolf-Lundmark-Melotte-Galaxie. Eine Galaxie am Rande der bekannten Galaxien von der die Astronomen hoffen, Galaxien quasi um Urzustand sehen zu können. Und er präsentierte neue Bilder der „Säulen der Schöpfung“, einer Sterngeburtsregion im Adlernebel. Diese wurde einst von Hubble aufgenommen, von James Webb spektakulärer.
Wikimedia Commons hat noch ein paar Bilder dazu. Ansonsten rate ich aber stark, zu einem Besuch von „Astronomie aktuell.“ Dann auch in 3D und bewegt mit Kommentar.