Ihr kennt die Filmszenen, in denen Menschen von einem Feuer wegrennen, gerade mal weit genug um der Explosion zu entkommen? In ihrem Rücken die Explosion, sie werden in Zeitlupe von der Schockwelle nach vorne geschleudert? Am Ende liegen die Menschen staubverschmutzt am Boden, hinter ihnen Verwüstung.
So ähnlich ging es Madame. Nur ging es nicht um Feuer sondern um Schnee. Hinter ihr keine Verwüstung, sondern eine Schneelandschaft mit Verkehrschaos. Und sie hatte nicht wenige Sekunden Vorsprung, sondern mehrere Stunden. Madame stieg Donnerstagmorgen bei Trockenheit um 11:14h in Basel in den ICE74. Donnerstagabend versanken Basel und Südschwarzwald im Schnee.
Während sie in trockener Kälte in Berlin ankam, sah es in Basel so aus wie Frau Brüllen schildert.
Vor der Abfahrt zog sie auf einen neuen Blog um. Nach der Ankunft in Berlin überreichte sie mir Mostarda di Frutta aus Schweizer Einzelhandel. Und das erfreute mich sehr.
Die zentrale Aussage meiner Seminararbeit steht: Würden noch 30 Menschen mehr Nuggets kaufen wollen, sollte man sich als Imbissbetreiberin nicht mit Pommes bevorraten. Die Nuggetsensivtivität der Pommes beträgt 30 Stück.
Oder anders:
Außerdem existiert dies inzwischen als LaTeX-Dokument. Okay, es steht genauso unvermittelt und ohne Erklärung auf einer Dreiviertelseite Dokument. Aber ich habe jetzt das zentrale Gerüst.
Ein bißchen geisteswissenschaftliche Fassadendeko und mathematische Ausschmückung werde ich ja wohl in einer Woche hinbekommen. Zumal ich noch ein Dreiviertelwochenende ohne weitere Planungen habe.
Nicht wie in der Woche, wo andauernd Seminararbeitsstörendes wie Erwerbsarbeit stattfand. Immerhin bestand diese am Freitag aus Moon-Patrol-Spielen und Blutwurst essen.
Freitagvormittag: Treffen an der Karl-Marx-Allee vor dem Computerspielemuseum. Die IT hatte Teamtag.
Freitagmittag: Umzug 780 Meter Richtung Süden ins Jäger & lustig. Als ich das lokal aussuchte, sprach mich an, dass es einen veganen Kartenabschnitt hatte, der gedankenvoll wirkte – und gleichzeitig war es ein Ambiente in dem sich auch die Mettbrötchenfraktion wohl fühlen würde.
Der Plan ging auf. Die Speisen reichten von gefüllter Paprika über Blutwurst (moi) bis zum Gänseteller. Die Kollegen äußerten sich begeistert. Selbst zu Mittag war die Lokalität gut gefüllt (Glück dass wir noch Plätze hatten reservieren können) und auch die Ü55-Fraktion empfand alles als ausreichend urig.
Gelernt: Es gibt eine Dienstvereinbarung, die vorschreibt, dass Jubilare zum 25. Dienstjubiläum genau einen Blumenstrauß im Wert von 25 Euro bekommen müssen. Und so geschah es. Ob ich mich zum dritten Dienstjubiläum auf einen 3-Euro-Blumenstrauß freuen darf? Ich habe Zweifel.
Nachmittags: Zeit verbringen zwischen Teamtag und Abendversammlung. Die Zwischenzeit blieb zu lang um direkt zum Ort zu fahren, zu kurz für den Heimweg. Also ein wenig Innenstadt: Aussteigen an der U-Bahn-Station Museumsinsel, Vorbeiflanieren an noch-geschlossenen-Weihnachtsmärkten.
Von links und rechts und von vorne nach hinten durch das Erdgeschoss des Humboldtforums – immer wieder fasziniert wie sehr erzkonservative Gebäudebauer*innen und progressive Museumsmacher*innen in diesem Gebäude gegeneinander arbeiten.
Hätte ich länger Zeit gehabt, hätte ich einer Gesprächsrunde zum Palast der Republik lauschen können. Aber ich musste weiter entlang des Spreekanals am Auswärtigen Amt vorbei Richtung Axel-Springer-Hochhaus.
Es ging zu einer Abendversammlung. Hochunterhaltsam und erkenntnisreich. Aber dazu vielleicht später mehr.
Sophien
Madame sang im Chor auf der Trauerfeier für Thomas Noll; Kantor, Freigeist, ungewöhnlicher Mensch. Die Sophienkirche in Mitte war brechend voll, das Publikum erwartungsgemäß musikfreudig. Eine komplette Kirche, die sich in Nolls Herzenstücke von „Wo wohnt der liebe Gott“ bis John Cage hineinwarf.
Passende Reden über einen Mensch, der nicht immer einfach, aber immer bereichernd war. Nach der Feier zog die Trauergemeinde auf den Sophien-II-Friedhof um. Noll, der stets blaue Haare trug und den (fast verwirklichten) Plan hatte, auf jeder Orgel Berlins zu spielen, bekam eine Urne aus einer alten hölzernen Orgelpfeife mit blauem Deckel.
Hirschjagd Polyplay
Das Computerspielemuseum ist ein privates Museum an der Berliner Karl-Marx-Allee. Ausgestellt wird die Geschichte von Spacewar! (Programmiert 1961 am MIT für einen PDP-1) bis zu aktuellen Spielen. Viele Spiele werden als Videoausschnitt präsentiert, einige können auch selber gespielt werden. Die selbst-spielbaren Spiele bewegen sich vor allem im klassichen Zeitalter der Arcade-Maschinen und frühen Konsolen.
Wir begannen mit einer gut halbstündigen Führung. Der junge Mann, der uns führte (grob geschätzt Abiturient/Frühsemester) war extrem nett. Museumsführungen allerdings sind definitiv nicht seine wahre Bestimmung. Aber okay – dann noch anderthalb Stunden freie Zeit. Exponate schauen: Die ersten Auflagen der Dungeons & Dragons-Regelbücher, Indie-Games, reden mit ELIZA oder verschiedene Varianten der Wii.
Verstörend: das Video eines Augmented-Reality-Shooters, in dem Mensch mit entsprechender Brille und entsprechender Pistole shooterlike durch einen australischen Vorort läuft, Don’t try this at home, es sein denn ihr wollt ein bis fünf SEKs näher kennenlernen.
Und natürlich selber spielen. Niemand wollte Pain Station mit mir spielen (wie Pong, aber wer einen Ball ins Aus gehen lässt, kriegt Stromschläge / Hitzeimpulse / Schläge mit einer Miniaturpeitschen) – erst ab 18 und man muss vorher das Kassenpersonal um Freigabe des Geräts bitten. So spielte ich in einem schön nachgebauten End-1970er-Jugendzimmer Moon Patrol; an einem alten Arcadeautomaten Frogger und die schönen Spiele Wasserrohrbruch und Hirschjagd auf der Polyplay.
Vielleicht mein Höhepunkt: die Polyplay, die einzige DDR-Arcade. Inhaltlich nicht soweit weg von westlichen Spielen der damaligen Zeit. Die Spiele im Ablauf üblich, aber bei Spieltiteln wie eben Hirschjagd oder Hase und Wolf wird gleich klar aus welchem Kulturkreis die Maschine stimmt. Im Aussehen blieb sie rustikal, aber laut Machern ist es die robusteste Arcade, die im Museum steht – „Fast 40 Jahre alt und noch nie repariert“.
Passend: Heimat der Polyplay war das SEZ in Ostberlin. Das Sport- und Erholungszentrum; der vielleicht letzte Versuch der DDR mit geborgtem Westgeld und Beauftragung von West-Unternehmen ihre Bevölkerung für sich zu gewinnen. Es gab Wellenbad, Restaurant, Kegelbahnen und eine Arcade mit 40 Maschinen.
Der Kreis schließt sich: Viele der alten Berliner-Bäder-Kollegen begannen ihre Berufslaufbahn in ebenjener SEZ.
Entspannend
Poupou besuchte die Matisse-Ausstellung in der Foundation Beyeler: Riehen/Basel: Fondation Beyeler: Matisse. Einladung zur Reise
Frau Herzbruch über Aqua Grill and Chill und den Aquarienwettbewerb – ich liebe einfach alles an dem Post.
Heise über Informatik per Fernstudium. Beim Satz „So bildet man sich bequem von zu Hause weiter“ musste ich laut lachen. Leider kam ich nicht weiter, denn ich scheiterte an der Paywall. Falls jemand dahinter kommt, bin ich über Hinweise dankbar: Informatik per Fernstudium: Wie es sich vom Lernen mit Udemy & Co. unterscheidet