Ein Kind ward geboren. Die Eltern werden für die nächsten 18 Jahre das Geburtstagsgeschenk am frühen Morgen und Bescherung am Abend in Einklang bringen müssen. Willkommen E!
Die heilige Nacht in Berlin von ungeahnter Ruhe. Selbst das immerwährende großstädtische Hintergrundrauschen verstummte. Um so auffallender vereinzelte Martinhörner, gegen 3 Uhr Nachts etwas das klang als würde ein Kind sein neu erhaltenes Alarmanlagen-Radau-Gerät ausprobieren.
Beim Blick in die leeren Busse, die vor der Haustür fahren, der kurze Gedanke „das wäre etwas für mich.“ Busfahren an Heilig Abend ist eine dieser unwirklichen Zwischenwelten, nur halb in dieser Realität, die mich reizen. Leider dürfte ich die Busse aber nicht an Heiligabend fahren, sondern müsste auch wochentags zur Rush Hour ran. Weit weniger reizvoll.
Das Internet rotiert, denn Elon Musk rief dazu auf, keineswegs für Wikipedia zu spenden. Dazu möchte ich sagen: Geld hat Wikipedia genug. Wer helfen will, möge sich praktisch beteiligen. Wikipedia braucht kein Geld, sondern Zeit, Grips und neue Gedanken.
Der Tag vor dem heiligen Abend verlief mit Werken: Sachen sortieren, Müll rausbringen, Rombitombi anfeuern – höchst unheilige Geschäftigkeit. Am späten Nachmittag brach Madame zum ersten Auftritt auf, ich blieb in letzter Geschäftigkeit.
Nach ihrer Rückkehr begann der heilige Abend: Fondue Irlandaise, weihnachtliche Shanties und die Paris-Playlist. Eine große rote Kerze substituierte als Weihnachtsbaum, Madame reichte Sloe Gin aus eigener Ernte und Gurkensorbet. Insbesondere das Experimentalfondue mit Lauch in der Chaddar-Guiness-Käsemischung erwies sich als überraschend großartig. Gerne wieder. Zum Beispiel diese Woche. Und die nächste. Sowie die Woche danach.
Ich begleitete zum zweiten Auftritt.
Mittwoch ging es gen Norden. In Berlin fuhren wir bei leichtem Hochnebel los. Kurzer Zwischenstopp um die Rosen zu streicheln. In Dithmarschen kamen wir in einer Wassersuppe an. Schon wieder eine unwirkliche Zwischenwelt im Nebel, an der die Grenze zwischen den Realitäten zu verschwimmen scheinen, normal unmögliches möglich erscheint.
Wie es sich gehört, selbst die leuchtende und blinkende Raffinerie war nicht mehr zu sehen. Dithmarschen, das Land das eigentlich Wasser ist. Dem Meer von Hand abgerungen, und doch bedarf es nur eines solchen Tages und die Grenzen verfließen. Ist das wirklich noch Erde? Ist es schon Unterwasser? Die Jahreszeit in der das Land zu sich selber kommt.
Kyrie Kyrie
Dienstag absolvierte Madame zwei Auftritte:
Nachmittags sang sie in Alt-Schöneberg im frugalen Ritus, mit lebendiger Arche auf dem Kirchhof: Alpakas, Ziegen und Esel vor der Kirche und einer Pfarrerin, die von Gott wechselnd in der männlichen und weiblichen Form redet.
Abends ging ich mit in die Kirche. Auf ins gutbürgerliche Bayerische Viertel zum Heilsbronnen. Frugal blieb nichts.
Nur selten denke ich bei evangelischen Gottesdiensten „Zweites vatikanisches Konzil“. Hier lag der Gedanke nahe. Die drei gottesdienstenden Damen (immerhin, dort blieb es evangelisch) in weißen Prunkgewändern. Die Liturgie weitgehend gesungen, wie es sich einst gehörte mit dem Rücken zur Gemeinde, Gesicht zum Altar. Die Weihnachtsgeschichte wurde gelesen und wie es sich für eine Messe geziemt, wurde das Abendmahl gereicht.
Eine Hälfte von mir dachte „Yeah, Pathos, Ritual, Bling-Bling!“, die andere norddeutsch-evangelisch sozialisierte Hälfte dachte „Heidentum! Tanz um das Goldene Kalb! Hokus-Pokus!“
Aber es ist Weihnachten. Wann wäre die Zeit für die große übertriebene Geste, wenn nicht an Weihnachten?
Das Fürbittengebet schloß die „Soldaten an der Front“ ein. Ich überlegte kurz, ob ich mich im Jahrhundert geirrt hatte. Aber nein. Passt schon leider.
Du weißt dass du in Berlin bist, wenn du die Evangelische Messe mit High Church Ritus in der vollen Kirche verlässt, 150 Meter läufst und dann in der U-Bahn Menschen beim Crack-Rauchen siehst.

Gare de l’Est
In vielen Familien gibt es den Brauch, dass sich Erwachsene nichts zu Weihnachten schenken. Das ist sehr vernünftig. Aber würden wir das auch so halten, käme ich dieses Jahr nicht nach Paris, und das wäre ja schade.
Nach Plan also werde ich 2025 von der Andere zu der Eine wechseln. Ich beginne schon einmal mein Paris-Bild von den drei Klischees „Eiffelturm-Selfie, niedliches kleines Café und Mona LIsa“ zu überarbeiten und stelle fest: doch eine echte Metropole. Mit Geographie und Geschichte. Und mittelalterlichem Stadtkern, spannenden Schwimmbädern, historischen Passagen voller indischer Restaurants – es wird spannend.
Außerdem darf ich in Berlin Hauptbahnhof in einen Zug zeigen, an dem das Fahrtziel „Paris“ steht. Und besser kann es nicht werden.
Durch
Weihachten ist Zeit zum Lesen. Vielleicht nicht den Zauberberg. Der ist eher ein Jahresprojekt. Holger schreibt fast alles, an was ich auch beim Lesen dachte: Durch: Der Zauberberg
Der letzte Tag vor Weihnachten im Leben einer Einkaufszentrumsbuchhändlerin: Unzählige Bücher und Spiele habe ich verkauft (sogar eine Kuschelschlange in lebensgroß hatte ich an der Kasse).
Einschulung in den USA (speziell in Washington, D.C.). Annegret Hünerfürst: Hurra ich bin ein Schulkind – #Elternalltag