Die Taube ist zu zerbrechlich und schwach, um den Frieden zu bringen. Deshalb steigt ein Adler hinab. Mit seiner Größe und Kraft übernimmt er die Mission der schwachen Taube: Der Friedensadler kommt.
Die Kastelruther Spatzen – sie leben noch – haben ihr neues Lied dem Friedensadler gewidmet. (Hintergrund: Aus der Taube wird der „Friedensadler“) Und dieses erfuhr ich nur dank des linearen Fernsehens.
Weihnachten – die große Zeit des linearen Fernsehens. Denn wenn die Familien aus Nah und Fern zusammenkommen, werden sie sich nicht nur zu Braten und Keksen zusammensetzen, sondern auch zum Fernsehen. Auch die Kinder, die seit Jahren nur noch Streamen; auch die Enkel, die Fernsehen in ein Zeitalter mit Dampfloks einsortieren.
Spannend: Ich sah eine Dokumentation über Jacques Mayol – legendärer Apnoe-Taucher der 1970er, der den Tiefenweltrekoed im Freitauchen auf 100 Meter steigerte.
WIe jedesmal war ich fasziniert von einem Sport, der gleichzeitig Höchstleistung verlangt und totale Entspannung bei der Durchführung. Nur, wer ihre Körperfunktionen so herunterfährt, dass sie kaum Sauerstoff benötigen, kann lange genug ohne Atmen durchhalten.
Mayol, und das Wissenschaftlerteam, das ihn begleitete, schrieben Joga und den dortigen Atemübungen mindestens die Hälfte seines Erfolges zu.
Weniger spannend: Ich sah die Doku um 4 Uhr Nachts, während ich vor Schmerzen nicht schlafen konnte, im Zustand kompletter Übermüdung. Ein Hoch auf die Feiertage – nachdem mir mit Ibu (immerhin noch ausreichend) genug Schmerzdämpfung gelang, um einzuschlafen – durfte ich den Schlaf bis in den Vormittag hinein nachholen.
Northvolt im Nebel
Werktags fuhren die übliche Runde nach Heide mit einer Auswahl der üblichen Programmpunkte:
- [ ] Baumarkt
- [X] Elektromarkt
- [ ] Recyclinghof
- [X] Wischmanns Hofladen
- [X] Edeka Frauen
- [X] Kohlosseum
Ein seltener Stopp auf der Runde: Der Drogeriemarkt. Ich hatte die Lesebrille vergessen! Wie sollte ich die Hörzu entziffern können so baräugig?
Die Wege dorthin führten uns durch die Dithmascher Unterwasserwelt. Der Nebel ist stark, die Augen sind schwach. Wasser von oben, von unten von links und von rechts. Die Sicht beträgt fünf Meter, das Gefühl ist „im Aquarium, in dem ich wunderbarerweise noch Atmen kann“. Würden Quallen durch den Nebel treiben wäre ich nicht im geringsten überrascht.
Auf der Straße kamen uns die Kolonnen der Kurkrötenautos aus dem Nebel entgegen. Kennzeichenlesen: HH – PI – H – PI – KI – WL – HH – ES – E – HH – DO – IZ – PI – OH. Der Weihnachtsansturm an die Nordsee geht los. Gut, dass wir antizyklisch fahren werden.
Links der Straße nach Heide lag die feiertagsruhige Northvolt-Baustelle. Wird die Batteriefabrik noch gebaut werden? Wie viele Jahrzehnte werden die Grünen in dieser Gegend benötigen, um sich vom Imageverlust zu erholen, sollte sie nicht gebaut werden?
Wir hatten Zeit, und konnten uns die Luxusrunde nach Heide leisten: die Runde einschließlich der Dithmarscher Wasserwelt, um einmal den Körper zu wässern und durchzubewegen.
Die Wasserwelt erfüllt drei der vier Anforderungen1, die ich an ein gutes Schwimmbad stelle und landet damit in meinen Top 5 aller Schwimmbäder.
Die Wasserwelt erlaubt die komplette Runde von kalt nach warm, von anstrengend zu wohlig. Wir begannen mit ein paar Runden auf der 50-Meter-Bahn, hüpften danach kurz ins Außenbecken und suhlten uns abschließend in der warmen Sole.
Dank einer Bedienungsanleitung für den Hubboden lernte ich: Die Dithmarscher Wasserwelt wurde 1975 gebaut. Ich hätte sie jünger geschätzt, freue mich aber: 1975 ist ein guter Jahrgang.
Sonst könnte der Abend peinlich enden
Was sollen wir essen sieben Tage lang? Was sollen wir essen? Was ein Fest!
Auswärts: Sushi-Rolls und Momo – das alterehrwürdige Rentnerparadies Büsum kann inzwischen hippe Edel-Systemgastronomie-Sushi-Läden. Wir bleiben neugierig auf die Veränderungen.
Auswärts: Trümmertorte und Eierlikörtorte. Wir bleiben traditionell. Das Koog-Café in Wesselburenerkoog ist schon deshalb das beste Café des Landstrichs, da wir dort einsat nach unserer standesamtlichen Hochzeit einkehrten. Darüber hinaus backen dort die Meister der Trümmertorte. Sie besitzen die netten FC-Sankt-Pauli-Verbindungen, die ein sicheres Mittel gegen jegliche Biederkeitsgefahr darstellen. Neu entdeckt: ein braun-weiß (St. Pauli) gestaltetes Schild: Kein Kuchen für Nazis.
Zwei Junge Damen saßen mit am Tisch. Man konnte ihnen ansehen wie sie vor Cringe vergingen als wir uns über Lese- und andere altersnotwendigen Brillen unterhielten. Endlich sind wir in einem Alter in dem wir Jugendliche allein durch unsere bloße Anwesenheit in die Verzweiflung treiben können!
Auswärts: Burger vom Raketenofen. Wir waren auf Kotzenbüller Landgüter eingeladen, bewunderten das Baumhaus und die Spielscheune im Sockel der ehemaligen Windmühle. Der Marschboden war kurz davor, sich in Wattenmeer zurückzuverwandeln. Die Schafe sind inzwischen ausgezogen, aber die Hühner gackerten friedlich in ihrem Gartenteil. Ein junger Mann spielte mit der neuen Feuerwehr. Er drohte „sonst wird der Abend peinlich enden!“ falls er keinen Weihnachtspunsch bekäme.
Wir lüfteten uns aus, fuhren auf einen Spielplatz und wanderten durch die Dünen Sankt Peter Ording. Wenn man nur oft genug im Kreis läuft, kann man dort stundenlang wandern. Zum Glück fanden wir Maleens Knoll und den Aussichtspunkt, der uns einen Überblick über Dünen und Wald erlaubte.
Heimwärtiges Essen: Linsensalat, Zwiebelsuppe und Rosenkohl, die drittbeste Kohlsorte.
Anmerkungen
- (I) 50-Meter-Bahn (II) Spannende Architektur (III) Außenbecken (IV) viel Platz zum Schwadern. ↩︎