25-09-23 Die Köstliche von Charneux sollte jetzt geerntet werden

Ich will doch einfach nur Knöpfe! Oder Schalter! Warum hat heute alles Touchscreens und Fernbedienungen, wenn ich doch einfach nur einen haptischen Knopf möchte, den ich bedienen kann, auch wenn ich gar nicht hinsehe. Kippschalter for the win!

Aber ich weiß ja: Knöpfe und Schalter, wenn sie Qualität haben, sind in der Herstellung teurer als Touchscreens. So sind die einzigen Gegenstände mit echten Schaltern entweder sehr schlecht und preiswert oder sehr teuer.

Unsere ganze Küche riecht nach Mango. Eine der angenehmeren olfaktorischen Begebenheiten meines Lebens.

Madame traf eine lang vergangene Aussicht auf ein anderes Leben wieder. Aber sie ging damals nicht ans Telefon und ist heute mehr denn je davon überzeugt, dass es richtig war.

An „unserer“ Autobahnausfahrt steht ein neues ADAC-Schild neben einer Großbaustelle. Bekommen wir ein Fahrsicherheitszentrum?

Der Kaptain kannte The Sound of Music schon.

Es war ein halbes Wochenende auf den Latifundien, ein Sonntagabend in der Komischen Oper Tempelhof und ein Montag der Arbeit.

Wobei ich mich an Montag schon nicht mehr erinnere.

Last days of Summer

Uns verabschiedeten Tagpfauenaugen. Diese nutzten das hoffentlich letzte heiße Wochenende des Jahres noch einmal die Latifundien auf- und abzufliegen.

Madame weckte mich mit Kaffee und zwei frischen Himbeeren.

Der bunte Frühherbsthimmel hatte uns am Samstagabend erwartet. Der Aufenthalt zwischen den beiden Musicals war nur kurz, aber er reichte um Rosen zu riechen und Birnen zu ernten. Genau dieses Wochenende war das perfekte für die Köstliche von Charneux, die uns vom Baum butterzart und wild durftend vom Baum entgegenfiel.

Rest-Quallen in der Nordsee

Die Fernuni kündigte eine Studienbriefs-Lieferung für den Master an. Noch aber habe ich bis zum 1. Oktober semesterfrei und kann einfach so andere Bücher lesen:

Friedrich Glasl: Konfliktfähigkeit statt Streitlust oder Konfliktscheu. Ein Buch, bei dem ich gar nicht so genau weiß, wie es in meinen Stapel zu-lesender-Bücher kam. Und auch weiterhin bin ich unschlüssig. Glasl scheint ein Doyen der persönlichen Konfliktforschung und Mediation zu sein. Die Teile in denen er praktisch wird und seine Mediationsmethoden schildern klingen auf mich überzeugend.

Aber er ist auch Antroposoph. In den „Theorie“-Teilen seines Buchs zitiert er teilweise abstruseste Rudolf-Steiner-Glaubenssätze. Das finde ich seltsam; es hat aber so wenig Bezug zum Rest des Textes, das ich damit leben könnte.

Schwieriger finde ich unterschwellig durchscheinenden Ansatz – er ist natürlich zu intelligent, das so zu schreiben -, dass sich jeder Konflikt friedlich lösen ließen, wenn beide Parteien einander nur verstehen würden. Das halte ich bestenfalls für naiv und schlimmstenfalls für Leid-erzeugend, weil es alle Arten von Konflikten, in denen es zum Beispiel vor allem um Macht geht, eher verschlimmern und verstärken.

Angelesen: Aleks Scholz: Badetagebuch – Schilderungen des Ganzjahresbadens in einer schottischen Meeresbucht. Immer nur Schnipsel, immer nur das Baden an sich und das unmittelbare drumherum. Ich lese Abschnittsweise, passend zur Jahreszeit: Habe August und September gelesen – die schlechtesten Monate in der Bucht.

Siegfried Kracauer: Straßen in Berlin und anderswo. Auch angelesen. Wieder ein Buch kurzer Texte in einer derartigen Dichte, dass ich nicht mehr als eine handvoll Seiten am Stück lesen sollte, so lange ich volle Aufmerksamkeit für den Text habe. Lustig, dass das Buch mit zwei Texten von „anderswo“, nämlich ausgerechnet Paris, beginnt.

Πιζζα

Es sollte zur Komischen Oper gehen. Zu Jesus Christ Superstar.

Vor die Oper setzt das Leben setzen wir das Essengehen. Die Komische Oper hatte ihre Aufführung in den Flughafen Tempelhof verlegt, also suchten wir etwas im Kreuzberger Bergmannkiez.

Wie beide erinnerten uns ans Zeta – ein sehr angenehmer Grieche, der kochte wie ich mir eine Taverne auf einer griechischen Insel wünsche: Viel Gemüse, viele Meeresfrüchte, einfaches Essen aber bester Qualität und mit Liebe gemacht. Unser letzter Besuch ist mindestens 10 Jahre her, aber wir beide erinnerten uns lebhaft und waren uns sofort einig.

Wir liefen also vom Columbiadamm die Friesenstraße entlang, uns beide an den Anblick der Eckkneipe erinnernd. Das war sie. Ich: „Da ist der Grieche“. Madame: „Stimmt.“ Schilder hatten wir keine gesehen, aber das passte ja zum familiär-informellen Ambiente. Vor meinem inneren Auge sah ich bereits Oktopus, Kritharaki und Taramas.

Wir betraten den Laden, ein Gastgeber kam uns entgegen und begrüßte uns mit „Buona sera.“

Wir redeten nicht miteinander, dachten aber dasselbe „(1) Oh, Das ist wohl nicht das Zeta. (2) Trotzdem sieht es hier nett aus. Lass uns bleiben.“ Eine weise Entscheidung, bekräftigt durch Antipasti vegetariano, Pizza Spinacina und Espressi im Castello Montecroce.1

Einstecktuch-Eumel

Einem anderen Gastwirt, Vincent Klink, verdanke ich den Begriff Kurzhosen-Eumel in meinem aktiven Wortschatz. Und auch wenn unsere Eumel alles andere als kurzhosig waren, musste ich doch an sie denken.

Im Castello am Nebentisch ein Dauerredner in langem Anzug und teurem Hemd, der seinen Mittischleidenden quasi ununterbrochen erzählte, wie toll er ist, wie erfolgreich im Geschäft, wie weitgereist, wie sportlich, wie kulturbeflissen. Leider erzählten er auch, dass er mit den anderen zusammen in dieselbe Vorstellung wollte wie wir. Naja, der Hangar in Tempelhof ist groß, er wird schon woanders hingehen.

In Tempelhof saßen wir neben einer Rentnergang – imagine Kegelausflug trifft Polospieler mit privater Villa auf Mallorca und Stammlokal in Genf, deren Einstecktuch mehr kostete als meine komplette Kleidung zusammen – immerhin nur neben uns. Dann kamen zwei der Ihren, die unsere Plätze beanspruchten. Wir zogen die Karten – sie zogen die Karten. Der Platz war identisch, auf unseren Karten stand ein Datum, auf ihren nicht. Ich hatte einen Verdacht – aber wie waren sie durch die Einlasskontrolle gekommen? Die Einstecktuch-Gang geriet in helle Aufruhr. Die Platzanweiserin eierte hilflos durch die Gänge, der Obereumel wollte „ihren Vorgesetzten sprechen.“

Naja, und irgendwann kamen auch die Besitzer ihrer anderen Plätze. Der uneumeligste der ihren war in der Lage die Buchung zu checken, und es stellte sich heraus, dass die zehn Damen und Herren leider die Woche verwechselt hatten.

Großes Theater schon vor dem Theater!

On thursday night you’ll find him where you want him far from the crowd.

Aber es gab auch noch großes Theater im Theater. Unser Wochenende der Musical-Legenden. Nach Rodgers and Hammerstein am Samstag, folgte Andrew Lloyd Webber am Sonntag. Die Komische Oper inszenierte Jesus Christ Superstar im Tempelhofer Hangar mit Rockband, Orchester, operntauglichen Sängern, exaltierten Kostümen und 350 Statist*innen aus den Berliner Tanzvereinen. Sie spielen ein Rockkonzert, was das Musical ja eigentlich ist. Groß, größer am größten. Und auch noch zu nah, um es wirklich in Worte fassen zu können.

Auf jeden Fall hatte ich zwischendurch einen starken Anfall von Jerusalem-Sehnsucht. Und Ilay Bal Arslan als Maria Magdalena war großartig. Sowie Ryan Shaw als Judas. Und die Kostüme von Herodes und seiner Gang. Und die unfassbar motivierten und dauerspringenden Statisten.

Bratwürste und die 10 Gebote

Über Ein Song reicht erreichte mich die Chemnitzer Band JETberry. Einfach sympathische Schraddelmusik.

Katja Evertz feiert 20 Jahre Blog. Glückwunsch!

Frau Pane-Bistecca mit vielen guten Ideen für Oktoberfestküche. Herr Rau derweil mit Kuttelkunde: Tripe and Onions (tolle URL auch)

Warum ich immer noch das iPhone 11 Pro nutze. (12 mini hier und das wird so bleiben bis es auseinanderfällt)

Irgendwie so ähnlich wie in der Komischen Oper bei Jesus Christ Superstar und doch ganz anders: Samstagsplausch „Die Zehn Gebote“

Anmerkungen

  1. Das Zeta heißt zwar inzwischen Restaurant Z, scheint aber noch zu existieren. Es liegt allerdings eine Straßenecke weiter, wie ich inzwischwen weiß. ↩︎

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