25-10-09 Olfaktorische Überraschungen (Stuttgart->Berlin)

Nach einer Woche der Ereignisse, hatte sich mein Bewegungstempo arg verlangsamt. Es war nicht schlecht, dass wir im Hotzelzimmer zwei Stunden zwischen Aufwachen und Aufbruch hatten. Dies kam meiner samstäglichen Geschwindigkeit entgegen.

Es war ein Wochenende des Reisens und Ankommens. Das Blog hinkt in der Zeit weiter hinterher, im Ort aber kommen Blog und Bloggender wieder zusammen. Der Blogpost beginnt am Hauptbahnhof Stuttgart und endet in der Schöneberger Wohnung.

Es beginnt in Stuttgart während immer noch der Cannstatter Wasen in der langes-Wochenende-Version lief. Und immer mehr Karohemden und Dirndl kamen nach. Wobei Madame zu recht bemerkte: Lederhosen und Dirndl haben den großen Vorteil festlich und passend auszusehen, ganz egal, welcher Körper in ihnen steckt.

Stuttgarter Bettler sind seltsam. Ein Mann, nicht weiter ungewöhnlich aussehend, sprach Madame an, ob sie italienisch spricht. Sie bejahte. Er dankte Gott und begann mit seinem Anliegen. Ich stieg hier sprachlich endgültig aus, war aber sehr verwundert, als er keine Landkarte oder Adresse herausholte, sondern ein Handyvideo einer leidenden Kreatur zeigte. Madame winkte ab, wir zogen weiter.

Spannende Masche: Am Stuttgarter Bahnhof ist allein die Zahl der Italienischen Muttersprachler*innen ziemlich hoch – und auf diesem Weg schafft er erst einmal Vertrauen und Verbundenheit, die es umso schwerer machen, ihn dann eine Minute später zum Teufel zu jagen.

Ein Regionalzugnachtrag: In unserem Wagen drei junge Männer, die ich sofort als „Ey, Bruder“ angesprochen hätte. Sie öffneten eine Flasche Wasser, diese stand unter Druck, das Wasser lief auf den Boden. Die drei wischten diesen aufopferungsvoll und unter Beschaffung verschiedener Tücher sauber. Madame bemerkte, dass wir im Südwesten sind. In Berlin hätte jeder gedacht „Ist ja nur Wasser. Geht von alleine weg“, oder auch „Ist ja nur Bier. Wird sich die S-Bahn drum kümmern.“ Nicht so im Regio von Tübingen nach Stuttgart.

Unser Zug aber war der ICE von Stuttgart nach Berlin.

Regen in Frankfurt

Die Fahrt mit ICE690 begann, wie wir es uns vorgestellt hatten. So schon vor seiner Ankunft in Stuttgart vermeldete der Zug „Technische Probleme am Zug“ und „Überraschender Personalausfall.“

Aber ich hatte ja zum Geburtstag ein paar Glückssocken geschenkt bekommen, die ich natürlich auch trug, und diese bezwangen die Deutsche Bahn. Trotz eines liegengebliebenes Zuges, der irgendwo in Hessen die Strecke blockierte, kamen wir nahezu pünktlich in Berlin an, alle innerstädtischen Anschlüsse fuhren in dem Moment im Bahnhof ein, indem wir den Bahnsteig betraten.

Da wollte ich doch glatt meine Glücksmelodie singen.

Skyline Frankfurt

Zwei Bücher

Im Zug gelesen: Wolfgang Büscher: Berlin – Moskau. Eine Reise zu Fuß, von der Wikipedia ungewohnt unbescheiden kommentiert als: „Mit diesem Buch wurde er zur Reporterlegende.“ Büscher schildert genau das: wie er um das Jahr 2000 Berlin verließ und zu Fuß ziemlich geradeaus durch Polen, Weissrussland und das westliche Russland lief, bis er in Moskau ankam.

Auf jeden Fall sehr spannend, und mich herausfordernd. Es begann auf schlechtem Wege. Quasi den ersten Satz, den ich las war das Autorenporträt „heute arbeitet er bei Die Welt„. Das war natürlich auch von 2003 und Die Welt noch nicht die Ulf-Poschardt-Welt. Aber es löst ein Unbehagen aus.

Weitere Punkte für Unbehagen: mehr als einmal hatte ich das Gefühl, dass ihn tote deutsche Adlige und Soldaten mehr interessieren als lebendige Pol*innen und Russ*innen, und überhaupt war das natürlich so eine sehr klischeehafte Männersache: Ich allein bezwinge die Weite, alle Bekanntschaften sind kursorisch, aus Nichts lasse ich mich wirklich ein und am Ende bin ich Held der Landstraße.

Aber: Es ist ein tolles Zeitporträt der frühen 2000er. Büscher kommt an Orte an denen vermutlich niemals sonst ein westlicher Journalist war, trifft am Ende halt doch jede Menge Menschen. Und überhaupt ist zu-Fuß-gehen natürlich die beste Art des Reisens überhaupt.

In Berlin angelesen: Moritz Klopstein: Effi Briest und der Vampir. Ich bin jetzt irgendwo zwischen einem Drittel und der Hälfte, bisher juble ich immer, wenn das Gefühl habe, Original-Fontane-und-Effi-Briest zu lesen und bin genervt vom Vampir. Das ist ungefähr das Gegenteil dessen, was ich vorher erwartet hätte.

Zwei Gerüche

Im Berliner Treppenhaus roch es intensiv nach verbranntem Gummi. Nach unserer Silvesterraktenepisode dieses Jahr, und nach dem ein oder anderen abgebrannten Dachstuhl in Schöneberg dieses Jahr, ist Brandgeruch wirklich das letzte, was ich im Haus riechen möchte.

Mit leichtem Alarm stiegen wir die Treppen empor; immerhin konnte ein Blick auf dem Fenster Aufklärung erbringen: Das Flachdach am anderthalbstöckigen Mittelbau war während unserer Abwesenheit neu mit Dachpappe versehen worden.

In der Wohnung ein intensiver Duft nach Mango. Das war erstmal angenehmer als der Brandgeruch. Etwas misslich war, dass wir eine Kiste Mangos auf der Heizung abgestellt hatten – und diese Heizung beschlossen hatte, sich das das erste mal seit Monaten selbsttätig wieder in Betrieb zu setzen.

Die Mangos waren sehr lecker aber auch sehr gereift.

Garagenhof bis Biskaya

#Wurst is now trending across Mastodon

Inhaltsreicher, in mehrere Hinsicht, Gabi Frankemölle, mit etwas was jetzt schon nach Winter-Soulfood aussieht: Cauliflower Mac and Cheese

Während wir durch Paris und Tübingen wandelten, überquerten Angela und Holger die Biskaya. Danach: Gedanken über Orcas.

Mit der Bahn fuhr Karen, bringt gleich zwei Lieblingsthemen dieses Blogs zusammen: Langstrecken-Bahnfahren und Chemnitz: Heimaturlaub mit Zug

Christian detailliert: Wie er und seine Nachbarn – mit arg verschiedenen Interessem – ihren Reihenhaus-Garagenhof E-Auto-Ladestationen austatteten. Fazit: Die Elektrifizierung eines Garagenhofs ist komplex: juristisch, organisatorisch und technisch. Sie erfordert Geduld, Koordination und klare Absprachen. Doch am Ende steht eine moderne Ladeinfrastruktur, die allen Beteiligten den Umstieg auf die Elektromobilität erleichtert und die Gemeinschaft ein Stück zukunftsfähiger macht.

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