24-12-15 Die Bratwurst ist die Boulette (Genderfluid)

Uberblogr, der Blog-Webring in dem ich auch Mitglied bin, wird 100 (Mitglieder stark). Glückwunsch!

Wenn das Brandenburger Tor Amerika ist: Neben mir in der U-Bahn-Station unterhielten sich zwei elegant gekleidete Amerikanerinnen über die Unterschiede zwischen New York und LA. Auf der Bank daneben, offenbar nicht zu den beiden gehörig, saß ein Mann mit Bass-Pro-Shops-Mütze.

Fahrradladen Fahrbar zieht um. Anscheinend doch nicht zum ehemaligen Klavierbauer. In dessen Fenster hängt ein „Zu vermieten“-Schild.

Im Aleppo Market hängt eine große Fahne der syrischen Republik in der Tür.

Im Berliner Internet sehe ich (vermutlich) Palästinenser-Fahnen auf einer syrischen Freudendemo. Was mich irritiert: Ist doch die palästinensische Flagge identisch zur Flagge von Assads Baath-Partei. (und das auch nicht zufällig).

Gute Nachrichten: Es gibt zunehmend Haferdrinks im Kühlregal. Die scheinen mir auch lokaler produziert und haben mehr mit „normalen“ Lebensmitteln zu tun denn mit chemischer Industrie als viele Haferdrink-Konkurrenzprodukte.

Madame bekam einen Ice Cream Scoop. Nach einer anstrengenden Woche erweckten sie Calzone und Milchkaffee im Marienkäfer wieder zum Leben.

Überhaupt ist die Pizzeria Marienkäfer ein weiterer Anlaufpunkt in der gastronomischen Schreckenslandschaft Berlin-Mitte-Mitte.

Am 13. Dezember war Rechnungsschluss für 2024. Nächste Woche dürfte sich die Lage in allen Arbeitsbereichen entspannen.

Bei der Fight Academy: Kleine Kinder liegen im Karateanzug bäuchlings auf dem Boden. Die Trainerin versucht sie an den Beinen durch die Gegend zu ziehen. Ich glaube, ich habe einen Sport für mich gefunden.

Die Camembertecken-Notlage

Wenige Wochen nach dem offiziellen Teamtag folgte die privat organisierte Team-Weihnachtsfeier. Die findet seit Anbeginn aller Zeiten beim Gänseessen im Nikolaiviertel statt. Wir hielten die Tradition aufrecht.

Wenig überraschend: ein Laden gefüllt bis an die letzte Stuhlkante, Inneneinrichtung im Stil „urig, aber wenn du länger als zwei Stunden bleibst tut dir vom Sitzen alles weh“ und einfach mal ein netter Abend. Alle gut drauf, alle für Freitag-nach-stressigen-Wochen erfreulich entspannt, zum klönen, scherzen und Schabernack aufgelegt.

Das Essen okayisch bis gut, die Portionen sparsam. Ein Kollege versuchte für alle eine Käseplatte nachzubestellen. Das scheiterte daran, dass gar kein Käse auf der Karte stand. Nach divesern Verhandlungen einigte man sich auf acht Ecken überbackener Camembert, etwas Salat und Kartoffelsalat und zwei Bouletten. Auf der Rechnung dann Bratwurst. Nachfrage: Welche Bratwurst. Niemand hatte Bratwurst. „Das sind die Bouletten.“

Auch ungewohnt: beim Zahlen mussten wir sagen, wie wir bezahlen wollten. Und so kamen die Rechnungen für die Visa-Gans, die Master-Ente, die Bar-Ente und das EC-Sellerieschnitzel.

Der Abend sah eine Fahrt von Büro in den Südkreuz Offices in’s Nikolaiviertel vor´(5,5 Kilometer Luftlinie). Zwei Kollegen wollten unbedingt mit dem Auto fahren, boten mir eine Mitfahrgelegenheit an. Ich lehnte ab, weil ich das Auto innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings für das sinnloseste Verkehrsmittel halte. Lieber mit S-Bahn und U-Bahn S2 (Südkreuz) ->U5 (Rotes Rathaus).

Es kam wie es kommen musste: Am Brandenburger Tor hatte ich längeren ungeahnten Aufenthalt, weil die U5 technische Probleme hatte .. und war am Ende immer noch 26 Minuten vor den auftofahrenden Kollegen in der Lokalität. Auch nicht überraschend: Am schnellsten war der Moabiter auf dem Fahrrad.

Der ich-fahre-mit-dem-Auto-Kollege fliegt seit Jahren jeweils für ein Wochenende mit einem Freundeskreis nach Mallorca. Faszinierend, dass ich den echt mag und sympathisch finde und er doch so ein komplett anderes Leben führt.

Kicklinepsychedelics

Wir sind verwöhnt. Die Berliner Komische Oper unter Barrie Kosky war zu Recht weltweit gefeiert und wurde mit Preisen überhäuft. Er hob unterhaltsames Musiktheater auf neue Ebenen. Aber wir können ja nicht immer nur in die Komische Oper – und so beschlossen wir, auch einmal die Bildungslücke Friedrichstadtpalast zu füllen.

Auffallend: Im Gegensatz zur Komischen Oper verzichtete der Friedrichstadtpalast auf jeglichen Humor, jegliche Anzüglichkeit und jegliche Metaebenen. Im Palast war das Bestreben ein erkennbar, ein breites internationales Publikum anzusprechen. Alles was potenziell missverständlich sein könnte, wurde gestrichen. Alles, was dargeboten wurde, war direkt und ohne doppelten Boden.

Ansonsten waren wir beide positiv überrascht, nahezu geflasht. Im Einzelnen:

Das Programm hieß „Falling in Love“ (Aha), die Kostüme waren von Gaultier (wer’s braucht) und außerdem wurden drölfzig Millionen Swarowsky-Steine in Kulisse und Kostümen verbaut. (Okay). So richtig eine Erwartung hatten wir nicht. Dass die Zeit der Nummernrevue vorbei ist, war irgendwie klar, aber was stattdessen kommen sollte, wussten wir auch nicht.

Wir waren neugierig. „Falling in Love“ ist ja erstmal ein universelles Thema und bietet Anschluss in alle Richtungen.

Auf einer Skala von „Ist nachvollziehbar“ bis „Zauberflöte“ hat die Handlung von Falling in Love einen gewissen Drang Richtung Zauberflöte:

Es gibt die Diamantenstadt der drei Farben. Jedes Wesen dort gehört einer der drei Farben an, die Verhalten und Wesen bestimmen. Die taube Dichterin You (im weißen Kostüm) findet sich in keiner der drei Farben wieder, fühlt sich allein und verloren. Eines Tages fällt sie in eine Unterwelt, trifft Me und (Chamä)Leon, die die starre Farbwelt schon lange hinter sich gelassen. Irgendwie steigen die drei wieder auf, brechen die starre Diamentenwelt wieder auf, alles wird bunt, vielfarbig und frei.

Die Handlung im ersten Teil spielt überwiegend in der Stadt und handelt vom Fall Yous. Die Handlung im zweiten Teil spielt im Wiederaufstieg.

In der Pause verließen wir den Saal, mit konfligierenden Gefühlen: Tänzer*innen großartig, Kostüme und Bühne spektakulär. Handlung schlimm, Musik ganz schlimm. Das Orchester ließ ab und an sein Können aufblitzen, war aber im dargebotenen belanglosen Schlagerrock mit Soul-Elementen verloren. Zu Ende hin wurde es besser. Ich hatte mehr als einmal den Eindruck „Es fehlt nicht viel, um richtig großartig zu sein. Mehr Mut, nicht ganz so brav und gefällig, ihr seid kurz davor große Kunst zu machen.“

Im zweiten Teil merkten wir: Es war Absicht. Passte zur Handlung. Der erste Teil auch formal und musikalisch in der erstarrten Welt. Der zweite Teil in allem viel mutiger, spannender, herausragender. Kostüme und Choreos, die der Komischen Oper würdig wären, eine atemberaubende Nummer halb Trampolin, halb Tanz mit zehn Artist*innen die durcheinander wirbeln, die Musik die Song-Struktur immer wieder verlassend.

Im Wesentlichen saß ich sprachlos im Sitz und dachte „Wow.“

(Und auch noch: Das ganze Programm war politisch so auf die Fresse, wie ich es bei tourismusfreundlicher Unterhaltung nie im Leben erwartet hätte. Es ging um eine lesbische Liebe, bei der eine Partnerin taub ist und Gebärdensprache vertanzte. Freiheit, Selbstbestimmung und Offenheit war Dauerthema. Je länger das Stück dauerte und je mehr es der Freiheits-Offenheits-Utopie kam, desto mehr war dort ein tanzender Regenbogen auf der Bühne, desto mehr lösten sich die Männer-und-Frauen-Kostüme in genderfluiden Phantasiegebilden als Kleidung auf. Auch in dieser Hinsicht. Im Wesentlichen saß ich sprachlos im Sitz und dachte „Wow.“)

Burlesque und SQL

Es ist erstaunlich schwierig, Filmaufnahmen von Falling in Love zu finden (gerade vom zweiten Teil). Ein bißchen was ist hier: Jean Paul Gaultier’s glamorous revue for Berlin’s Friedrichstadt-Palast.

(Auch kurz: die Kickline. Wer hätte gedacht, dass der älteste Variete-Standard der Welt so frisch und abgefahren wirkt.)

Und zum Friedrichstadtpalast-Publikum muss ich auch noch mal schreiben: Give me glamour, Baby.

Frau Rabe tanzt Burlesque.

Claudia Klingt schreibt ein WordPress.com-Kommentar-Erklärstück.

Herr Rau lässt Schüler per SQL auf die Firefox-Favoriten los.

Warum ADHS und Depression zusammenhängen (tldr; ADHS bedeutet mehr soziale Zurückstoßung. ADHS bedeutet im Allgemeinen ein Leben mit mehr Stress und weniger inneren Ressourcen, um mit Stress umzugehen).