Heute ist immobiler Donnerstag und Hafenstadttag. Das bedeutet, Madame muss frühmorgens nach auswärts, ich darf in der Wohnung bleiben.
Der Wecker klingelt um 5:00h, ich setze Kaffee auf, bis um 6:00 Uhr ist das Frühstück durch und Madame verlässt das Haus. Ich mache Katzenaufräumen (also wie Katzenwäsche, aber mit Aufräumen – gibt es das Wort?) und döse noch etwas vor mich.
Vor dem Haus sammelt die Polizei Bauzaunteile ein, die im spätnächtlichen Sturm von der Busspur auf die weiteren Fahrbahnen kippten.
Im Deutschlandfunk läuft die neuste Volte zur Rückgabe der Benin-Bronzen. Während die europäischen Museen sich langsam zur Erkenntnis durchringen, dass ihre ganzen im kolonialen Zeitalter angesammelten Schätze, ethisch nicht sauber erworben wurden, tun sie sich doch schwer damit, diese zurückzugeben. Die ersten Benin-Bronzen landeten inzwischen in Nigeria. Aber nun meldet sich die „Restitution Study Group“ aus den USA zu Wort. Diese bemerkt, dass die Könige von Benin das Geld für die Benin-Bronzen mit Hilfe des Sklavenhandels verdienten, die Bronzen selber also dort sein sollten, wo die Nachfahren der transatlantischen Sklaven sie sehen können – das ist nicht Nigeria.
Ratschläge von mir brauchen die ganzen verwickelten Diskussionsteilnehmer:innen nicht, und sie werden die hier auch nicht mitbekommen. Aber wenn ich etwas raten darf: So lange noch Bronzen in Deutschland zu sehen sind: Geht hin! Das ist mehr als nur beeindruckende Kunst von Weltrang.
Kurz danach beschert mir ein geöffneter Tab den Artikel zum „Black Reparations Program“ des Fahrradherstellers Rivendell. Dieser bot zeitweise schwarzen Amerikanern Fahrräder im Preis um 45% ermäßigt an als Ausgleich für die Sklaverei. Absichtlich gaben sie das Geld nicht in eine Stiftung oder Sozialprogramme, sondern integrierten es offensiv ins Kerngeschäft. Die Diskussion verlief wild, samt Klagen, Morddrohungen und was dazu gehört, und das Programm ist wieder eingestellt. Aber ein spannendes Experiment.
Über all‘ die Leserei wurde es 7:30h und ich begebe mich langsam mal an E-Mail, Teams und Ticketsystem, schauen, ob über Nacht etwas Dramatisches passiert ist -> nein.
Ich töckel so’n bisschen mit Schreibtischarbeit vor mich hin. Bevor ich in einen Kommunikationsmodus gehe, werfe ich mich aber doch in Jeans und Polo. Es ist seltsam: Beim vor-mich-hintöckeln ist mir die Umgebung komplett egal. Aber sobald ich mit Leuten direkt und zeitlich synchron kommuniziere, fühle ich mich unprofessionell wenn ich nicht halbwegs akzeptabel angezogen bin.
Der Vormittag verläuft erfreulich ruhig. Der Vorweihnachtsstress scheint von den Leuten abgefallen.
Da heute mein geplanter Beginn des Einsendeaufgabenwochenendes werden sollte, fiel mir zur Mittagspause ein, dass ich nach den Anmeldeterminen für die Klausuren schauen könnte. Das war ein kluger Gedanke. Die Frist läuft schon. Ich meldete mich für objektiorientierte Programmierung (Prüfung im Februar im Fernuni-Campus Berlin), Mathematik und Externes Rechnungswesen (Prüfung jeweils im März online) an.
Ungesunderweise aß ich neben dem Bildschirm, recherchierte noch nach Fahrradwerkzeug, aber ohne abschließendes Ergebnis. In den Papierkalender trug die ich weiteren Termine für WMDEDGT (Was machst Du eigentlich den ganzen Tag. Die Blogaktion bei Frau Brüllen, die an jedem 5. des Monats, also auch HEUTE) läuft. Bevor ich den Monitorumschaltknopf drückte und wieder Arbeitssachen auf dem Rechner hatte.
Es blieb vergleichsweise ruhig, eine spannende Stunde verbrachte ich mit der Suche nach einem Outlook-Bug, der sich dann als Feature herausstellte. Das soll so seltsam und ist so fest verdrahtet, dass man es nicht mal ändern kann. Immerhin hat Microsoft nach 10 Jahren der Kundenbeschwerden einen umständlichen Workaround via Registry oder GPO bereitgestellt. In anderen Angelegenheiten machte ich ein paar Termine für Morgen, wenn ich wieder im Büro bin und Sachen besser am lebenden Objekt klären kann.
Gegen 15:30h kam Madame nach Hause. Wir trinken einen kurzen Kaffee, bevor sie wieder aufbrechen muss. Um 16:32h drücke ich in der Zeiterfassung auf das rote Figürchen.
Danach folgten dann wirklich die Mathe-Einsendeaufgaben: Die sahen auf den ersten Blick einfacher aus als die Übungsaufgaben aus dem Heft. Ich habe den Eindruck, dass ich mit Hilfe der Unterlagen und Zeit über das Wochenende auch bei weitgehender Ahnungslosigkeit genug Punkte sammeln werde, um zur Klausur zu dürfen. Die Vektoren irritieren mich, bei Ableitungen und Funktionsauflösungen fühle ich mich eher zu Hause. Der Gozinto-Graph ist an sich einfach, ich zweifle aber weiterhin, ob die Aufgabe so gemeint war, wie ich sie verstanden habe. Naja, drei Tage des darüber-Grübelns bleiben noch.
Madame kam kurz nach Hause. Die Zeit reichte zum gemeinsamn Tee trinken. Madame schaute mit unserem wiederbelebten Netflix-Abo „The Crown“ während ich in Duolingo rumdaddelte.
Madame verließ wieder das Haus. Inspiriert durch Kellerkinds-Rom-Blogpost nutze ich den freien Netflix-Account, um die Dokumentation 1960 von Gabriele Salvatores zu sehen. Manchmal etwas bieder, aber großartige Filmaufnahmen aus Italien von 1960 und dieser unglaublich hinreißende Adriano Celentano.
Zum Abend werde ich Rote Beete, Sellerie und Süßkartoffeln hobeln, um Root Vegetable Pan Haggarty nach Miss South in den Slow Cooker zu schichten.
Während ich hoble und Celentano höre, könnt ihr die weiteren WMDEDGT-Beiträge lesen.