Hochzeitstafel mit Tischdecke, goldenerm Überzeug, roten glitzendernden Papierherzen und einem Leuchtelement.

23-08-08 Rapunsel, LET’S GET LOUD!

TwinDos 1 ist leer.

Ich entdeckte eine korrekte Durchkopplung in freier Wildbahn und war begeistert. Outlook redet von „Anwendungs-Add-Ins“. Selbst in diesem Deutsch-Englisch-Gemischt funktioniert der Bindestrich. (Next step: Ist es auch der typographisch korrekte Halbgeviertstrich?)

Das aber streift nur vorbei in meinem Hirn, denn eigentlich bin ich noch dabei, eine Hochzeit zu verarbeiten. Diese ist ist noch so präsent, dass selbst die deutsche Bahnigkeit der Deutschen Bahn akut in den Hintergrund tritt.

Regenbogenfische

Es begann um 14 Uhr mit der Trauung in der Stadtkirche Lörrach. Danach folgte Empfang vor der Kirche mit Auftritt der Kindergartengruppe, Sekt und Gebäck. Später ging es über den Hof in die Alte Feuerwache (heute ein evangelisches Gemeindezentrum). Dort gab es Kuchen, später Essen vom Buffet, Programm und Tanz.

Angenehm: eine Innenstadthochzeit. Diverse Hotels waren in Laufnähe, ebenso wie sonst eine komplette Infrastruktur. Spannend: die Passant*innen, die während des Empfangs immer wieder durch die Hochzeitsgesellschaft liefen.

Aber auch neue Probleme: Der Geldgeschenketisch erfuhr eine dauerhafte Bewachung.

Als Leser weiß ich, dass blinde Schwärmerei urlangweilig zu lesen ist: Aber wir alle wünschten es dem Paar aus ganzen Herzen. Die Feier traf genau den schmalen Grad zwischen organisatorischer Perfektheit und informell-menschlich-bodenständig. Überhaupt passte die Feier genau zum Paar.

(und auch wenn wir aus der Ferne im Vorfeld manche Rumpelei und sich abahnendes Gewitter in den Organisationskreisen vernahmen – es wäre wunderlich wenn nicht; auf der Feier selbst konnten wir als Gäste nichts davon wahrnehmen.)

Es war reichlich perfekt. Also perfekt im Sinne „so wie es sein soll.“ Wenn der Anspruch ist, dass alle sich wohlfühlen und sich mit Freude zurückerinnern, scheint mir dieser eingelöst.

Überhaupt: Auch eine Entdeckung der letzten Jahre: wenn man schon mal selber geheiratet hat, ist jede andere Hochzeit natürlich ein Anlass für unfassbar viele Erinnerungen – schon allein dadurch wird die Laune echt gehoben.

Erwähnte ich, dass es schön war?

Der Cousinenchor fand mit seinen Stücken (Geh aus mein Herz, Irish Blessing (May the road rise to meet you(*)), Endlich sehe ich das Licht) großen Anklang. Auch bei Cousins und Cousinen selber – sehr erfreut, wie gut alles funktionierte und natürlich erst recht bei den Gästen.

Ein großer Knaller bei den Kindern waren die Konfettikanonen. Eigentlich waren sie für den Abschluss von Endlich sehe ich das Licht gedacht, aber anscheinend blieben welche von Ihnen unbenutzt, die dann den Abend über gezündet werden konnten.

Mitten im Traugottesdienst trank die Pfarrerin zusammen mit dem Paar eine Runde Softdrinks. Und es ergab Sinn und hatte seinen Platz. So dezent unkonventiell wie dieser Moment sind Paar und war die ganze Feier.

Vor dem Einmarsch des Paares in die Kirche erklang Jennifer Lopez‘ Let’s get Loud. Wären sie mit einer Samba-Choreographie in die Kirche gekommen, wäre auch niemand der Gäste überrascht gewesen.

Hochzeitstafel mit Tischdecke, goldenerm Überzeug, roten glitzendernden Papierherzen und einem Leuchtelement.

Es war ausreichend Käsegebäck vorhanden. Der peruanische Teil der Familie hatte Empanadas gebacken.

Sehr lieb die Cateringdamen, die Madame das Roastbeef in gabelgerechte Stücke vorschnitten.

In einem früheren Leben war die Alte Feuerwache kein Ort für Familienfeste sondern ein alternativer Jugendtreff. Verschiedene Anwesende erinnerten sich an wüste Punk-Konzerte oder an unverfänglichen Smalltalk, bei dem man Fremde fragte, warum sie nach Lörrach gekommen sind – „Ja, weischt, hier ist das mit dem Heroin einfacher.“

An die Zeiten als die Alte Feuerwache noch der Jugendfeuerwehr dienten, erinnerten sich vermutlich nur noch wenige der Anwesenden.

Faszinierend, den Familienteil K kennenzulernen, von dem ich öfter gehört hatte, aber sie noch nie live getroffen. Während die S ihre Ursprünge ja anscheinend unter preußischen Pastoren und Industriellen hatten und durch die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts nach Baden gelangten, scheinen mir die K’s urbadensch zu sein. (Urbadisch? Uhrbadend?)

(Wobei der S-Teil der Familie S eigentlich aus der Schweiz kam und nach Nordbaden auswanderte – nicht ohne Exkursionen ins Elsaß; der preußische Bildungsbürgerteil hört eigentlich auf die Namen K und T. Auf jeden Fall sind Familienfeste eine gute Gelegenheit Familien aufzudröseln.)

Zusammen mit anderen Angeheirateten überlegten wir, dass doch so ein Diagramm mit Beziehungen und aktuellen Fotos nützlich wäre. Außerdem gäbe es dann zwei tolle neue Familienevents: „Hier ist dein erstes Diagramm.“ und wichtiger „Du wurdest in das Diagramm aufgenommen.“

Was ist nur mit den jungen Leuten los! Sie spielen Bierpong und dann nicht-alkoholisch!

Erfreulich: Trotz Madames gebrochenem Arm wurden wir im entsprechenden Spiel als Paar erwählt, dass am ehesten Tanzen wird.

Am Ende 12,5 Stunden gefeiert. Am Ende durch Lörrach downtown ins Gästezimmer gehumpelt. Und Sonntag kam die Deutsche Bahn.. vielleicht bin ich ab Ende der Woche wieder ansprechbar.

Wasser

Poupou war auf einer Hochzeit.

Frau Brüllen fuhr Kayak.

Frau Krautundrüben wanderte doch nicht durch Slowenien.

Im polnischen Wahlkampf geht es darum, dass die Deutschen den Polen das Pilzesammeln verbieten wollen.

Im Radio gehört, dass die nächste Weltjugendtag der katholischen Kirche in Seoul stattfinden soll. Die Pfadfinderbewegung weltweit weiß nicht ob sie lachen oder weinen soll.

(*) Anscheinend hat dieser „traditionelle irische Song“ sein Leben als Neues Geistliches Lied der deutschen evangelischen Kirche begonnen. Das ruft nach Recherche.