Ein Versuch das eigene Leben schriftlich nachzuholen, zum Glück ausschließlich erfreulich.
Von Dienstag bis Freitag: Drei Tage in Paris.
Ich hatte mir vorgenommen, die Stadt zu ignorieren. Mir war das Film-Fernseh-Paris zu anstrengend. Es gibt viele andere spannende Städte auf der Welt. Aber Madame überzeugte mich und wir blieben von Dienstag Abend bis Freitag früh.
Fazit: ich könnte dort hinziehen. Ernstlich – mit Geld verdienen, Handwerker suchen, im Berufsverkehr in der Metro – also Alltag leben. Eine Bestätigung für mich: ich bin Stadtmensch. Und: Paris ist Stadt.
Weil es natürlich viel zu viele der Eindrücke waren, erst ein Ablauf, dann einige Szenen.
Abfahrt aus Berlin mit dem ICE 9590 aus Berlin Hauptbahnhof nach Gare de L’est. Dort gingen wir zu einer Tür des Bahnhofsgebäudes hinaus, über Bahngelände zu einer anderen Tür wieder hinein und standen im Hotel Okko. Es war inzwischen 21 Uhr – Abendessen im Bouillon Chartrier – das Tagesmenü aus Selleriesalat, Rinderzunge und Milchreise zum schmalen Taler.
Mittwoch: Bummeln durch den Marais mit Place des Vosges und Pessach-Angeboten der Falafel-Stände (Pastrami-Sandwich in Matze anybody?) – aber wir hatten andere Essenspläne. WIr liefen zu Fuß zum Gare du Nord in Le Train Bleu.
Wenn schon in Paris, dann richtig.. ein Restaurant-Innenraum, mit der übertriebensten 19.-Jahrhundert-Bahnhofs-Grandezza vorstellbar (Bilder), sieben Gänge beginnend mit Fricassée de morilles et petits pois au vin jaune und drei Stunden später endend mit Fraises, basilic et vanille de Madagascar. Dazwischen wir, mit dem Gefühl an einem Theaterstück teilzunehmen mit dem halben Dutzend Kellner*innen, den Crepes Suzettes am Nebentisch und dem Servierwagen (vermutlich auch aus dem 19. Jahrhundert) mit dem die Lammkeule herangefahren und abgesäbelt wurde.
Nach drei Stunden des Schlemmens waren wir nicht mehr ganz so energetisch, nahmen eine Metro zur Pont Neuf, von dort ein Boot. Die Dame, die Paris erläuterte hatte ihren allerersten Tag im Job, war dementsprechend nervös, ich lernte aber, dass la tour eiffel auch auf englisch ganz eindeutig eine „she“ ist.
Die Idee, in der Vor-Oster-Woche unser Glück in Notre Dame zu versuchen – wenig erfolgreich. Die Suche nach Zahnpaste führte uns tiefer in das Viertel um den Gare de L’est, auch Klein-Abidjan, oder Klein-Afrika genannt und schließlich in einen Überraschungs-Laden mit Marienkäfer-Symbol, der vorne nach Späti aussah und durch diverse überraschende Hinterzimmer schließlich ein komplettes Supermarktsortiement samt Tiefkühlung, Kühlung und Haushaltswaren offenbarte.
Ich glaube irgendwo zwischen Menschen-in-der-Metro-schauen und Klein-Afrika beschloss ich, dass Paris eine Stadt für mich sein könnte. Nur die vielfach versprochenen allgegenwärtigen Tauben sahen wir quasi nie. Kein Berlin-Vergleich. Sie zeigten sich nur als Geheim-Tauben, indem zahlreiche Parkbänke der Stadt in die Unbenutzbarkeit schiessen.
Donnerstag: Mit der Metro (wieder) zum Place de Republique, schon mal den Anleger am Canal Saint-Martin suchen. Das erwies sich als gar nicht so einfach, aber wir entdeckten: es gibt einen wunderhübschen Park direkt zwischen unserem Gare und dem Anleger, wir hätten uns die Metrofahrt sparen können.
Richtig mit der Metro zum Jardin du Luxembourg, Stühle, Französischen Senat, Modellboote und Franzosen schauen. Nur die versprochenen schachspielenden Rentner fehlten und danach zu Fuß durchs Viertel (Saint Germain?). Ein zweiter Weg zum Gare und dann durch den entdeckten Park zum Canal – das Boot war da, unser Timing perfekt. Wir hatten den besten Platz auf dem Boot.
Ein Fahrt folgte über den Kanal – inzwischen ein Bilderbuch-Amelie-Romantik-Paris, ehedem die Kloake der Stadt – und dann einige Kilometer durch den Kanaltunnel unter den Pariser Straßen hindurch. Zum Abschluss nochmal die Seine-Tour, diesmal mit einem Guide, der nahezu perfekt englisch Sprach. Und natürlich „The Eiffel tower. She is..“
Abendessen wieder im Bouillon Chartier – Frisee-Salat, Rinderfilet, Baba au rhum – wieder fasziniert vom ganzen Bouillon-Konzept. Der Vorteil, wenn das Hotel im Bahnhof ist: man kann den Orient-Express kurz vor der Abfahrt sehen. Es begann mit der inneren Frage „Warum steht ein Blankpoliertes Holzmöbel mit Goldbeschlägen auf dem Bahnsteig.“
Freitag, ein letzter Tag im Bahnhof, bevor uns ein TGV nach Saarbrücken bringen sollte, aber wir in Mannheim ausstiegen. Aber das ist eine Geschichte für den nächsten Post.
