Es war der zweite Teil des Pfingswochenendes.
Die Klimaanlage am Flughafen Hammamet hatte unseren Nordseeaufenthalt vereitelt. So verbrachten wir Sonntag und Montag auf den Latifundien.
Der Sonntag ein unruhiger Tag: Irgendwann nachts um vier ein Rettungshubschrauber verdächtig laut, verdächtig nahe am Bungalow – vermutlich auf dem Weg zur Autobahn. Geweckt wurden wir dann ernstlich morgens durch die Feuerwehrsirene. Kaum waren die Kamerad*innen wieder zurück, trötete die Sirene gegen 11 ein zweites Mal los.
Weil Feiertag war, und weil Sekt bei uns tendenziell zu alt wird, öffneten wir eine Flasche. Edles Mitbringsel aus Saale-Unstrut, „handgerüttelt von Stefan Schlösser.“ In den Regenpausen grillten wir Bratwürste vom Rinderstolz, Kartoffeln, Spargeln und Kohlrabi. Madame fertigte Waffeln.
Ich entdeckte: Falls ich mal wieder Opfer der Zugteilung werde, und in Hamm längere Wartezeiten haben: der Maximiliamgarten ist in Teilen von Piet Oudolf gestaltet. Und das will ich natürlich noch mal im Leben sehen.
Und ja, eine sehr leichte Ähnlichkeit zum latifundalen Grundstück, ist nicht ganz zufällig. (Ein bißchen mehr zu Oudolf und seinen Gärten)
Ich sehe, ich brauche einen Grund, mal wieder zur Fernuni nach Hagen zu fahren, und eine Zwischenübernachtung in Hamm einzuschieben.
Auch gelernt: die Jugendherberge Chemnitz sitzt im Gebäude des sehr schicken 1920er-Jahre Umspannwerks. Modernes Bauen at its best.
Sly Stone starb. Der Musiker, der alles verkörperte, was in den USA gerade den Bach runtergeht: Neuheit, NEugier, Funk, Gospel mit Wah Wah, Jazz mit Disco, eine Band, für die der Begriff Multikulti erfunden werden müsste. Zu eigen, um jemals ganz groß zu werden: Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin) Und noch eines, schon allein wegen des großartigen Bühnenauftritts.
Der Tanz der Schwalben
Madame setzte alles.1
Das Brennholz ist noch nicht gespalten, aber zumindest komplettemang in 25cm lange Stücke zersägt. Die Paletten, auf denen es zwischenlagerte, dürfen sich jetzt langsam in einen Grill-Ablage-Tisch verwandeln.
Die jährliche Beet-Unkrautung trieb sie bereits zu fünf der Zehn Beete, und ist damit recht früh im Jahr.
Im Sturm tanzten die Knautien über die Wiese. Fast ein Ballett aus lila und rosa (Skabiosen) Blüten einen, scheinbar schwerelos einen halben Meter über dem Gras.
Direkt über uns, kurz vor dem echten Unwetter, der Tanz der Schwalben hoch oben in der Luft.
Die Holzbiene schimmerte bläulich in der Abendsonne als sie sich zu den wassertropfenübersähten Mohnblumen aufmachte.
Der samstägliche Distelfalter hielt sich die weiteren Tage versteckt. Dafür begleitete uns Montag fast den ganzen Tag über einer der Schmetterlinge mit dem schönsten Namen, ein Hauhechelbläuling.

Schocken
Der Sonntag erwies sich als Tag wetterlicher Garstigkeit. Und so verbrachte ich den Großteil des Tages in den Latifundien, las ein wenig im Internet und ein wenig in Büchern. Es war eine ungeplant jüdische Lektüre: Ich las zwei neue Texte aus Wir schon wieder.
Vor allem aber richtete ich meine Augen durch die neue Gleitsichtbrille auf Moderne ohne Bauhaus. Wie jüdische Unternehmer und ihre Industriearchitektur das Chemnitzer Stadtbild der Moderne prägten
Gleich zwei blinde Flecken: Sachsen und Chemnitz war einst das Zentrum deutscher Industrie – was außer Sachsen keiner mehr weiß. Und Juden waren halt einfach normal in Deutschland. Immer unter Antisemitismus leidend, aber ganz selbstverständlich auch Deutsche, die ganz selbstverständlich dasselbe machten wie andere Geschäftsleute auch.
Natürlich ging es um die Warenhäuser Schocken und Tietz. Aber auch um Industriebauten und ihre Industriellen. Und natürlich um Arisierung und Mord.
Obwohl das Buch also thematisch spannend war und ist, und ich mich freute, das ein oder andere markante Bauwerk der Stadt wiederzuerkennen, blieb ich unterwältigt. Das ist alles sehr brav erzählt, weitgehend ohne Kontext, immer genau auf den Quellen zu dem Unternehmen und jenem Gebäude. Sehr seriös, aber wenn man nicht gerade selber etwas über die entsprechenden Gebäude schreibt, würde man sich etwas mehr Einbettung in den historischen und kulturellen Kontext widmen.
Vašek Chvatál
Nach Gilbert Strang habe ich einen zweiten neuen besten Freund im Bereich der Mathematik: Vaclav „Vašek“ Chvátal. Der schrieb das Buch Linear Programming – und das war genau was ich brauchte. Lineare Programmierung auf einem anspruchsvollen Level, aber sehr verständlich erklärt. Dazu in einer Sprache, die einfach Lust macht, weiter zu lesen.
Chvatal klärte viele meiner Fragen zum „Ich-weiß-ja-wie-aber-warum??“ und damit bin ich erstmal zufrieden. Noch lange bin ich davon entfernt, mich beim Thema wie ein Fisch im Wasser zu fühlen – aber wie ein southpark im Schwimmbad – das kommt näher.
Also erklärte ich Phase 0 der Bachelorarbeit („reine Recherche“) für beendet und gehe zu Phase 1: Minimalarbeit. Ich versuche, das zu fertigen, was in einem anderen Kontext minimum viable product heißt: die kleinstmögliche Einheit, die für sich allein funktionfähig ist.
Das heißt: Ich werde eine minimum viable Bachelorarbeit beginnen, die formal allen Ansprüchen genügt (einschließlich des Umfangs) und inhaltlich zumindest genug Substanz hat, damit ich mich nicht in Grund und Boden schämen muss.
Hoffentlich ist das bis Ende Juni fertig. Dann habe ich noch zwei Monate Zeit aus einer Arbeit, die ich mit zugekniffenen Augen und Wohlwollen zu bestehen hoffe, noch etwas Gutes zu machen.
Das Vorgehen ist für mich neu, hat im Wesentlichen drei Gründe.
(1) Der Satz aus der Anmeldung: Die Bearbeitungszeit wird durch nicht chronische Erkrankungen nicht verlängert. Drei Monate sind lang, und da kann viel unerwartetes Zeitraubendes passieren.
(2) Erfahrungsgemäß merkt man am Besten beim Schreiben was noch an Recherche fehlt. Je früher ich die Lücken schließe desto besser.
(3) Wenn ich weiß, dass das Schutznetz eingezogen ist, kann ich inhaltlich rückwärts und einbeinig auf dem Hochseil hüpfen. Und darauf freue ich mich.
Nicht alleinerziehend
Chvatál auf Video. Um mal einen Youtube-Kommentar zu zitieren: „I knew Chvátal is a genius, but from this interview I learned he is humble and fun too.“
Was machst Du eigentlich den ganzen Tag beim Opferfest in Side / Türkei.
Als Vater auf dem Spielplatz. „Ach, du bist gar nicht alleinerziehend?“
- Und weil Computer ja heute ganz außergewöhnliche Sachen können und ich nicht mal mehr abtippen muss, eine Liste für’s Archiv, was dieses „alles“ ist: 1. Baptisia australis
Indigo-Färberhülse
Farbe: blau
Höhe: 100 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 2/3 Blütezeit: 7–8
2. Aster novae-angliae ‚Barr’s Blue‘
Raublatt-Aster
Farbe: blau
Höhe: 120 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 2/3 Blütezeit: 9–10
3. Gaillardia x grandiflora ‚Burgunder‘
Kokardenblume
Farbe: tiefrot
Höhe: 50 cm Blütezeit: 6–9
4. Euphorbia griffithii ‚Beauty Orange‘
Wolfsmilch
Farbe: orange
Höhe: 70 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 5/6 Blütezeit: 5–6
5. Gaura lindheimerii
Prachtkerze
Farbe: weiß
Höhe: 120 cm Standort: so-h
Pflanzen pro m²: 5/7 Blütezeit: 6–10
6. Aster novae-angliae ‚Violette‘
Raublatt-Aster
Farbe: violett
Höhe: 130 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 2/3 Blütezeit: 8–10
7. Centranthus ruber ‚Coccineus‘
Spornblume
Farbe: karminrot
Höhe: 80 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 3/5 Blütezeit: 6–9
8. Phlox subulata ‚Samson‘
Polster-Flammenblume, dunkles Auge
Farbe: rosa
Höhe: 12 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 9/12 Blütezeit: 4–5
9. Artemisia arborescens ‚Powis Castle‘
Eberraute
Farbe: silbrig
Höhe: 80 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 5/7
10. Baptisia x varicolor ‚Twilite Prairieblues’®
Färberhülse
Farbe: purpurbraun mit gelb NEUHEIT!!
Höhe: 120 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 2/3 Blütezeit: 5–6
11. Achillea millefolium ‚T.F. Pomegranate’®
Garten-Schaf-Garbe
NEUHEIT!! granatroter Hingucker
Höhe: 60 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 7/9 Blütezeit: 6–9
12. Verbena bonariensis
Patagonisches Eisenkraut
Farbe: violettrosa
Höhe: 100 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 3/5 Blütezeit: 7–10
13. Aster ericoides ‚Golden Spray‘
Myrten-Aster
Farbe: gelblich weiß
Höhe: 60 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 3/5 Blütezeit: 9–11
14. Scabiosa columbaria ‚Kudo White’©
Weiße Tauben-Skabiose
Farbe: weiß mit zartem rosa
Höhe: 40–50 cm Blütezeit: 6–9
15. Asclepias incarnata
N.-Amerik. Seidenpflanze
Farbe: rosa
Höhe: 100 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 3/5 Blütezeit: 7–8
16. Thymus praecox var. pseudolanuginosus
Grauer Woll-Thymian
Farbe: rosa
Höhe: 5 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 15/20 Blütezeit: 5–7
17. Salvia nemorosa ‚Adrian‘
Sommer-Garten-Salbei
Farbe: reinviolett
Höhe: 40 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 7/9 Blütezeit: F-J
18. Gaillardia x grandiflora ‚Tokayer‘
Kokardenblume
Farbe: leuchtend orangerot, grünes Blatt
Höhe: 70 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 5/7 Blütezeit: 7–9
19. Berkheya purpurea
Purpur-Distel
Farbe: zart-violett
Höhe: 80 cm Standort: so
Pflanzen pro m²: 7/9 Blütezeit: 6–8 ↩︎