Beim Auf- und Umräumen fiel mir eine handvoll Schwimmbadquartetts in die Hand. Jetzt muss ich nur darin erinnern, wer alles eines haben wollte, und ich habe gesagt „Nein, ich hab‘ nichts mehr.“
Der kennzeichenlose Hinterhof-Audi wurde durch eine kennzeichenlose alte B-Klasse abgelöst. Die B-Klasse fuhr vor einigen Monaten noch knatternd im Hinterhof ein- und aus. Böse innere Gedanken in mir fragen sich, ob die Haus-Hallodris vielleicht einfach die B-Klassen-Kennzeichen an an den Audi… aber das wäre ja illegal, das würden sie sicher niemals machen.
Die neuen Nachbarn, die angeblich 300.000€ für eine 30 Quadratmeter-Wohnung im ausgebauten Dachstuhl des Hinterhauses ausgegeben haben, haben das mit dem Papiercontainer anscheinend aufgegeben; ihre IKEA-, Baumarkt- und amazon-Kartons liegen jetzt einfach so im kleinen Beet.
Ich las die ersten Fernuni-Seiten zum Thema Imperative Programmierung. Beruhigenderweise habe ich noch nichts erfahren, was ich nicht schon vorher wusste.
Aus beruflichen Gründen schaute ich mehrere YaSM-Erklärt-Videos mit demselben Erklärbär – und ich vermute, dass soll nicht so sein, dass man ab dem vierten Video latente Aggressionen gegen den Erklärbär entwickelt?
Generell würde ich aber sagen: Nachdem ich Donnerstag um 18 Uhr ins Bett ging, und dann auch weitgehend bis zum nächsten Morgen durchschlief, geht es mir deutlich besser. Auf zu mehr Action.
Es war ein Freitag der Arbeit und ein Samstag auf den Latifundien.
Geräucherte Schollen
Ein kleiner Amrum-der-Film-Nachtrag. In Teilen verstand ich den Film erst mit Abstand. Beim Sehen dachte ich noch, dass die Handlung zwar stattfinden muss, damit der Film nicht statisch bleibt, aber sonst ziemlich egal ist. Erst im Nachhinein ging mir auf: die Handlung ist wichtig.
Zentrale Figur des Films ist der kleine Junge Nanning, modelliert nach den Kindheitserinnerungen Hark Bohms, der darüber den Roman Amrum schrieb.
Nanning versucht seinen Platz zu finden zwischen den ideologischen Bildungsbürger-Nazi-Eltern aus Hamburg und der friesisch redenden pragmatisch-konservativen Inselbevölkerung. Der zentrale Plotbogen dreht sich darum, dass Nannings Mutter nach dem gleichzeitigen Suizid Adolf Hitlers und der Geburt seiner kleinen Schwester, das Essen verweigert, es sei denn es gibt ein weißes Brot mit Butter und Honig. In den letzten Kriegstagen 1945 auf der an sich schon bitterarmen Insel Amrum natürlich ein utopischer Wunsch.
Nanning versucht nun das Brot zu beschaffen, und bedient sich dazu des inselüblichen Tauschhandels: Er sammelt Gänse-Eier, die der Bäcker zu Kuchen verbacken kann, dafür bäckt der Bäcker das Brot. Er hilft dem Fischer bei der Robbenjagd, bekommt dafür geräucherte Schollen („Amrumer Geld“), die er gegen Zucker eintauschen kann, den er wiederum gegen Honig tauschen kann. Einzig die Butter bekommt er von seinem Nazi-Onkel Onno – dort muss er im Tausch auch eine ideologische Leistung bringen (den Schwertspruch der Pimpfe aufsagen), keinen handfesten pragmatischen Tausch.
Er selbst findet also so seinen Weg in die Inselgemeinschaft hinein.
Gemerkt habe ich das alles erst, als ich in der Jungle-World-Besprechung des Film den Satz fand: Im Buch bringt es ein Amrumer im Gespräch mit dem Vater auf den Punkt: Wir haben hier eine Tauschwirtschaft, wie die alten Germanen – und du hast keine Ahnung davon.
Go West
Ein halbes Bett wanderte zwei Kilometer von Schöneberg nach Wilmersdorf und wir probierten danach eine neue Pizzeria. Ich deutete es eventuell schon an. Unsere aktuelle Wohnung in Schöneberg ist sehr schön – aber die ganze Situation drumherum sehr besonders bis schwierig.
Nun ist der Berliner Wohnungsmarkt wie er ist, wir hatten uns innerlich schon halb damit abgefunden, dass wir irgendwann eine von uns beiden ungeliebte Eigentumswohnung erwerben würden müssen. Denn eine Wohnung, die
- innenstädtisch liegt
- zumutbare Fahrzeiten in die Hafenstadt und zu den Südkreuz Offices bietet
- und nicht das Dreifache an Miete wie unsere aktuelle Wohnung kostet
schien komplett utopisch. Naja, manchmal muss man Glück haben. Etwas fiel mir vor die Füße, wir versuchten, hatten noch mehr Glück, und haben seit Anfang Oktober die Schlüssel einer Wohnung, die all‘ diese Anforderungen erfüllt und noch viel mehr. Es ist alles komplett absurd aber sehr schön. Noch steht die Wohnung bis auf das halbe Bett und einen Klapptisch mit zwei Klappstühlen leer. Aber es wird.

Ein Schmetterling fliegt noch
Wir leben also privat gerade ein schönes Leben und genießen jede Minute, die wir davon haben – während die weitere Welt von einer Katastrophe in die nächste stürzt.
Auffallend auf den Latifundien: Wo die tiefe Herbstsonne das Purpurpink der Astern, die braunroten Samenstände verschiedener Pflanzen, die bernsteinfarbene Sonnenblumenreste und hellgrünes Gras ins beste Licht setzt. Einzelne Schmetterlinge und Insekten fliegen noch. Es riecht nach Natur, die Arbeit mit Rasenmäher und Freischneider Wiesenreste abzumähen, dabei vollkommen neue Sichtachsen zu schaffen, ist befriedigend.
Aber der Gedanke ist nah: Die Kraniche, die gerade zu hunderten (tausenden?) an der Geflügelpest sterben, sind die Kraniche, die sonst bei uns über den Garten fliegen. Die gekeulte Gänseherde aus dem Fernsehen, gehört zu „unserem“ Spargelhof, wir haben die Gänse oft genug über die Felder laufen sehen. Auch Wildgänse und -enten, die hier immer wieder vorbeifliegen sind Opfer. Vögel, die tot vom Himmel fallen – mehr Peak Dystopie geht kaum.
Währenddessen sitze ich ein Buch lesend am Eichhörnchenofen mit dem lodernden Feuer, wir hören eine schöne CD, haben von der Feinbäckerei Otto Forduhn aus Groß-Ziethen Puddingschnecken mitgebracht, durchs Fenster sehe ich drei Elstern auf dem Apfelbaum.
Es gibt nur cool und uncool und den Wikipedia-Treff
Ich finde es so so super, dass Herr Rau und der Münchner Wikipediatreff zusammenfanden. Und diese Geschichte kommt mir bekannt vor:
Alphathiel fordert von Blogger*innen: Zeigt euch da draußen .. danke (ich überlas es im eigenen Feed-Reader, wurde aber von onli blogging dorthin gestupst)
Ich glaube die italienische Haltung ist dazu „Wir haben schon fermentierte Amselzungen mit Besteck aus orientalischem Zedernholz und Damaszener Stahl gegessen, als ihr Deutschen noch in Fellen bekleidet in feuchten Erdhöhlen gehaust habt“: Der Dottore und das Vorurteil
Frei nach Tocotronic: Es gibt nur cool und uncool und welche KI mensch nutzt: Jemand sein, der Claude nutzt (via Thomas )
Aber wo ich das Thema Dystopie gerade schon anspreche. Rage aus den USA über die USA: Notes from the Circus: Elon Musk Discovers What Hierarchy Actually Means, tiefer aber nicht weniger wütend Rebecca Solnit: This Wreckage Courtesy of the Enshittification Administration: Notes On Late-State Trumpism