Blick über die Havel. Segelboote, im Hintergrund der Schornstein des Kraftwerks Reuter

23-08-17 Wasserstadtamt

Im Mittelhaus hängt in einer Wohnung eine indische Fahne. Das erklärt vermutlich, wo die indisch wirkenden Menschen hingehören, die man seit ein paar Wochen auf dem Hinterhof trifft.

In der Gegenüber-dem-Büro-Baustelle konnten wir einem Bauarbeiter zusehen, der oben auf einem Baucontainer stehend durch die Luft schwebte während dieser vom Kran versetzt wurde. Ich glaube, unser eigener Arbeitssicherheitsbeauftragter hyperventiliert immer noch.

(Cool fand ich den Kranfahrer, der danach 5 Euro für die Karusselfahrt haben wollte)

Am Samstag wird das Sommerbad Wilmersdorf komplettemang eröffnen. Bisher war ein größerer Teil des Bades (u.a. das 50-Meter-Becken) eine Baustelle. Ab Samstag ist es wieder offen – und ich darf mich entscheiden, ob ich dem Insulanerbad als Sommerstammbad treu bleibe oder wieder nach Wilmersdorf wechsle.

Auf ersten Fotos allerdings wurde nicht nur das Kachelbecken durch ein Becken aus Edelstahl ersetzt, sondern auch die niedrigen Hecken zwischen Becken und Liegewiese verschwanden. Das Freibad Godshorn, das Bad meiner Jungend und damit natürlich DAS Freibad hatte genau solche Hecken wie auch Wilmersdorf. (Liveblog vom letzten Tag vor der endgültigen Schließung. Mit Video mit Hecken.)

Ich bin natürlich entsetzt, wenn diese verschwinden.

Vorerst war ich im Insulanerbad. Da dieser Sommer bisher entweder 33 Grad oder 18 Grad bot, war ich zwar oft im Freibad. Aber immer einsam und allein, wie es halt ist bei 18 Grad. Mittwoch: 28 Grad, bedeckt, das Insulanerbad hätte sich für die Aufnahme in das Bilderbuch „Im Freibad“ bewerben können.

Jugendliche sprangen vom Sprungturm, aber die Schlange unten wuchs nie mehr als auf eine handvoll Menschen. Die Treppentribünen neben dem Becken waren besetzt mit Lesenden und Dösenden – aber für jeden Neuankömmling blieb reichlich Platz. Alle Essensstände hatten geöffnet, aber keine Schlange hatte mehr als eine handvoll Menschen. Die FABs ermahnten Kinder, nicht auf den Leinen zu sitzen. Es gab zwei (Doppel)bahnen, die vor allem von Im-Wasser-sich-kaum-Bewegenden belegt wurden, eine Doppelbahn für Schnellschwimmer und eine Doppelbahn für Langsamschwimmer.

Auf letzterer schwomm ich, und es war gut und friedlich. Das eigene Slalomschwimmen hielt sich in Grenzen. Die etwas schnelleren Langsamschwimmer kamen gut an den langsamen Langsamschwimmern vorbei. Und nur ein einziges Damenpärchen hielt mitte auf der Bahn mal an, um die Wolken zu betrachten. (Soweit ich hörte sah eine so aus wir Irland, eine andere wie Island).

Danach konnte ich mit ein paar Uniunterlagen auf die Liegewiese. Im Hintergrund hörte man das Shakespeare-Theater bei den Probenvorbereitungen und alles war gut.

Gerne wäre ich bis Toresschluss geblieben und hätte danach an der Freiluft-Theaterbar noch einen Cocktail zu mir genommen. Aber mir schwante schon das frühe Aufstehen.

Denn ich hatte einen Termin beim Bürgeramt. So weit so gut so ungewöhnlich aktuell in Berlin. Erwartbarer: Der Termin lag in Wasserstadt, Spandau-Nord, erforderte eine Busfahrt (187), eine mehr als halbstündige U-Bahn-Fahrt (U7) und wieder eine Busfahrt (M36) um dort überhaupt hinzulangen. Ein Zettel empfing mich, dass es wegen Serverausfall Probleme gibt.

(Zwei Gedanken gleichzeitig in meiner Brust: (1) Fuck (2) Liebe Kolleg*innen im ITDZ. I feel you.)

Aber das Amt improvisierte geschickt darüber hinweg. Meine Fotos aus dem Fotostudio Neukölln waren biometrisch genug, meine Fingerabdrücke wurden beim ersten Versuch erkannt, ich bestätigte auch weiterhin nur eine Staatsbürgerschaft zu besitzen und war nach fünf Minuten wieder entlassen.

Und staunte über die Wasserstadt. Ich glaube ich kennen, keinen Kiez von Berlin, der sich so wenig nach Berlin anfühlt. Alle Häuser aus den 1990ern oder später. Auch 20 Jahre nach Eröffnung nicht ein einziges Graffitti. Es wirkt alles wahnsinnig aufgeräumt und ordentlich. Selbst der Turm des Heizkraftwerks Reuter West ist weit genug entfernt, um am Horizont vor allem pittoresk zu wirken. Fast beängstigend.

Blick über die Havel. Segelboote, im Hintergrund der Schornstein des Kraftwerks Reuter

Meine andere Frage: Wo kam in toller Lage direkt an der Havel in den 1990ern das Gelände her, um einen kompletten Stadtteil neu zu bauen? – konnte ich weiterhin nicht klären.

Brot und Superzelle

In der Wikipedia existiert seit zwei Wochen ein Artikel zu Wilhelm Auerbach nach dessen Schwimmbad der Auerbach-Sprung im Wasserschwimmen benannt ist.

Madame traf sich mit Professor Transformation im Phojito zum Mittagstisch, danach gingen sie testweise zur neuen schicken Bäckerei gegenüber. Offensichtlich wird dort der Sauerteig in den Schlaf geschaukelt, mit Entspannungsmusik beschallt, die ein extra dafür bezahlter DJ erschaffen hat und der Dinkel von extra nach Brandenburg importierten skandinavischen Dinkelmeistern angebaut. Aber Professor Transformation meinte auch „Unsere Omas würden das nicht als Bäckerei erkennen.“ Eine der Hauptherausforderungen: Jedesmal wenn man ein Brot kauft, zerstört die Brotentnahme die minimalistische Raumgestaltung mit Einzelbrotinszenierung.

Während wir Dienstag auf den Freiluftkinobesuch verzichteten, und im Regenradar beobachteten, wie alle Regenwolken sich vor Berlin auflösten, sah es in Brandenburg an der Havel so aus. Ich glaube es war vernünftig, zu Hause zu bleiben; auch wenn das Unwetter nie bei uns ankam.

Herr Rau sucht einen Dungeonplot. Karen bloggt über die Nachtzugfahrt Istanbul -> Sofia.

Treppenlifte haben Akkus.