Am Innsbrucker Platz schwenkte ein einsamer Syrer die jetzt weltbekannte Flagge der syrischen Opposition.
Die Berliner Verkehrsbetriebe weisen seit neustem in ihren Durchsagen darauf hin, dass Tik Toks und Telefonate in den Kopfhörer gehören und nicht auf den Lautsprecher.
Immerhin noch keine Durchsagen, dass man bitte die Leute nicht verprügeln soll, die sich über zuviel Lärm oder Rauchen in der Bahn beschweren.
Schöne Bahnerlebnisse: eine 2-Mann-Kombo mit Banjo, Kontrabass und Mundharmonika, die gut gespielten originellen Countryblues in der S-Bahn spielten. Zurecht sammelten sie ziemlich viel Geld ein.
Die Crowdfarming-Linsen keimen (so wie sie sollen). Die Crowdfarming-Avocados warten nun bei den Nachbarn auf ihre Auslösung.
Der Autofan in mir weint. Die Produktion der Piaggio Ape wird zum Jahresende eingestellt. Eine Welt in der die Ape nicht umweltfreundlich genug ist, ein 3,5-Tonnen-SUV aber kein Problem darstellt, verstehe ich nicht immer.1
Dank Thomas Gigold entdeckten wir die ZDF-Minidoku zu Jule Stinkesocke2. Inhaltlich wenig neues, aber als Wenig-ÖR-Fernsehzuschauer fasziniert mich der Stil der Sendung. Die Herrenfrisur Nudelkopf ist inzwischen im seriösen Fernsehen angekommen. Sämtliche Gespräche wirken so als wären die Gesprächspartner auf einer Couch vor generischen Videokonferenzhintergründe drapiert – so clean, so glatt, so eigentümliche Farbkonzepte.
Ich überlegte, ob es möglich wäre, als literarisches Experiment über Jahre hinweg so eine Fake-Figur wie Jule aufzubauen, ohne Opfer zu erzeugen. Vermutlich nicht – nicht in der Reichweite. Jules Reichweite und Größe erreicht mensch nur, wenn es Menschen gibt, die sich emotional tief auf den Account einlassen, ihm eisern folgen und die Kunde verbreiten. Die wären aber emotional immer tief betroffen, wenn der Fake sich enttarnt.
Möglich wäre ein Fake nur mit Miniaccount wie diesem hier. Aber wer würde Jahre intensiven Texttheaters investieren ohne dass es jemand mitbekommt?
Nach dem Samstagsauflug standen Sonntag und Montagabend im Zeichen des Geschenkeeintütens – ein wenig wortwörtlich, ein wenig mehr metaphorisch. Denn es gilt verschiedene Anlässe und verschiedene Personen zu koordinieren. Da das natürlich alles der Vertraulichkeit unterliegt, kann ich schlecht in Details gehen.
Aber, doch, ich wurde auch zu einem Wunschzettel genötigt. Nachdem die Ergodox sowohl das Geschenkbudget als auch das Spontanentscheidungslimit weit sprengte, machte ich doch in Dekadenz und eine Logitech MX Master 3s landete auf der Liste. Immerhin ist die Entscheidung für die Mouse innerlich schon seit Monaten gefallen, es fehlt nur noch ein Anlass.
Automatische Pseudonomisierug
Frage: Woran merken Sie, dass Sie sich im akademischen Umfeld bewegen?
Antwort: Sie bekommen eine Aufgabe „Schreiben sie 5 Sätze (etwa 100 Wörter).“
Ganz ging mein Plan nicht auf, die Einsendeaufgaben Informationsmanagement in KW49 zu beenden. Der Montagabend in KW50 war’s. Ich hangelte mich brav durch alle Multiple-Choice-Fragen, zählte die sieben Gewährleistungsziele des Standard-Datenschutzmodells auf (Verfügbarkeit, Datenminimierung, Integrität, Vertraulichkeit, Nichtverkettung, Transparenz, Intervenierbarkeit) und beantwortete die Textaufgaben.
Dieser zweite Teil des Moduls kann sich nicht über mangelnde Praxisnähe beschweren. Die Textaufgaben hätte ich vermutlich 1:1 durch Textschnipsel beantworten können, die dieses Jahr im Team so formuliert worden. Aber natürlich ist es einfacher die entsprechenden Abschnitte pädagogisch didaktisch aufbereitet im Lehrbrief wiederzufinden als in den Tiefen des Team-Archivs.
Jetzt allerdings werde ich jeglichen Gedanken an Informationsmanagement aus meinem Hirn verbannen, und das Thema erst am 24. Februar wieder hervorkramen, in der Hoffnung in drei Wochen im Februar/März ein paar hundert Definitionen und Beschreibungen rechtzeitig für die Klausur auswendig zu lernen.
Interstellar
Das Stadtbad Lichtenberg ist das architektonisch spannendste Bad Berlins. Steht es doch in zwei Epochen, in denen der Stil öffentlicher Bauten sich radikal wandelte. Die Fundamente und die ursprüngliche Planung entstanden in der unabhängigen Stadt Lichtenberg im deutschen Kaiserreich.
Der Bau und die Neuplanung fanden im Berlin der Weimarer Republik statt. Und so ist es halb wilhelminischer Schnörkelpalast (siehe auch Stadtbad Charlottenburg, Stadtbad Neukölln) und halb Neues-Bauen-Bauhaus-beeinflusst (siehe auch Stadtbad Mitte, Stadtbad Schöneberg).
Leider schwumm ich dort nie. Denn es teilt das Schicksal vieler Berliner Bäder: Irgendwann kam aufgrund mangelnder Wartung die Havarie und seitdem liegt es still. In Lichtenberg ereignete sich die finale Havarie 1991, vor meiner Berliner Zeit.
So lang es lange still, war lange gesperrt und drohte über Jahre komplett einzufallen – während niemand das bodenlose Kostenloch in Obhut nehmen sollte. Aber die Lichtenberger kämpften, hatte doch halb Ostberlin hier schwimmen gelernt, und sie wussten welch Kleinod sie an der Hand hatten.
Die Geschichte der Irrungen und Wirrungen führte dazu, man das Gebäude wieder betreten kann, ohne Deckenteile auf den Kopf zu bekommen. Es dient wieder für Veranstaltungen – und seit einigen Monaten für eine Art Kunstausstellung.
Stadtbad RELOADED: Ambilight nennt sich der Spaß. Mobile Tablets zeigen Multimediakunst, einige Lichtinstallationen sind im Raum, beschallt wird alles von Hans-Zimmer-Filmmusik.
Aber was nimmt man nicht auf sich, um dieses herausragende Bad zu sehen. Professor Transformation begleitete am netten Abend, der uns noch zu Phở und Glasnudeln führte und uns eine Busfahrt quer durch Neukölln bescherte.

Der Osten ist kein Zoo
Buggisch: Bloggen über Männergrippe das malad sein, das eben keine Männergrippe ist. Auch malad jenseits der Männergrippe: Henning Uhle.
Die New York Times kürt die 63 stylishten Wesen des Jahres 2024: Neben Charli XCX, dem Baby-Nilpferd Moo Deng und Mark Eydelshteyn taucht auch Sandra Hüller in der Liste auf.
Es rappelt in der Szene. Eine Beigefluencerin verklagt eine andere Beigefluencerin, weil diese ihr Konzept klaut. Beide bestreiten ihren Lebensunterhalt durch das Beigefluencen, ein ökonomischer Grund für eine solche Klage ist vorhanden. Rechtlich aber ist das spannend, denn die Frage, wo und ob eine urheberrechtliche schützbare „Schöpfung“ im Bereich von Influencer-Stil vorliegt, ist noch ungeklärt. Can You Copyright a Vibe?
Ein Interview mit Marieke Reimann, einzige ostdeutsche Chefredakteurin bei einem westdeutschen Sender über die seltsame Wahrnehmung des Ostens im Westen. Sie spricht die üblichen Themen an. Seltsame Verallgemeinerungen, extreme Unkenntnis im Westen über Ostdeutschland und Osteuropa, und auch solche Themen, dass sämtliche Zeitungen Ostdeutschlands westdeutschen Verlagen gehören. Was dann dazu führt, dass auch 2024 noch einen starken Drang zur Exotik-Berichterstattung gibt:
Wir müssen von diesem Fokus auf die Wahl- und Jubiläumsberichterstattung weg. Es reicht einfach nicht, wenn westdeutsche Reporter*innen vor den Wahlen „mal kurz rüberschauen“, indem sie vielleicht einen Roadtrip durch den Osten machen. Der Osten ist kein Zoo und auch kein Kriegsgebiet. Er findet genauso zwischendurch statt.
Anmerkungen
- Immerhin kann die Welt halbwegs erklären. Irgendwann vor längerer Zeit setzen die deutschen Autobauer eine Regelung durch, dass nicht bewertet wird, wie umweltfreundlich ein Auto insgesamt ist, sondern wie umweltfreundlich pro Kilo Gewicht. Wenn also ein Auto fünfmal soviel wiegt wie ein anderes, aber nur viermal so viele Schadstoffe ausstößt, gilt es als umweltfreundlicher. Das war das Ende der europäischen Kleinwagen. In weniger flapsig beim Umweltbundesamt: Die herstellerspezifischen Zielwerte ergeben sich aus dem durchschnittlichen Fahrzeuggewicht der Neufahrzeuge des Herstellers: Je höher dieser Durchschnitt liegt, desto höher können die spezifischen CO2-Emissionen eines Herstellers sein, ohne das Ziel der CO2-Regulierung zu verfehlen ↩︎
- Jule Stinkesocke, fiktive Figur einer jungen behinderten Frau, die frei von der Leber weg über Leben, Sex und Zärtlichkeit schrieb. Wurde über 15 Jahre eine Internetgallionsfigur für junge behinderte Frauen, bis herauskam, dass sie gar nicht existiert. Der Mensch an der Tastatur war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an mittelalter Mann. ↩︎
Oha, da sind gut 20 Flaggen auf der Wiki-Seite zu Syrien. Jetzt bin ich verwirrt. 😉
Inzwischen ist die „richtige“, also die die auf den Straßen geschwenkt wurde, ja freundlicherweise rechts oben im entsprechenden Artikel.
So eine Maus werkelt auch bei mir zu Haus und ich bin sehr zufrieden damit. Auch wenn der Maustreiber (bzw. die Steuer-Software) von Logitech auch schon KI-Quatsch eingebaut hat.
Maus gut!
Auch zum Zocken, weil man die Knöppe einzeln konfiguieren kann und man für unterschiedliche Programm auch eigene Profile anlegen kann.
Ich bin sehr gespannt und werde – so der Weihnachtsmann sich erbarmt – berichten.