Wochenende. Ich werde mich bis Sonntag Abend einfach rücklings auf den Wohnzimmerteppich legen und an die Decke starren.
Madame fuhr mit dem ICE77 nach Basel Bad. Es war nicht der gebuchte ICE77 (über Südkreuz -> Leipzig -> Erfurt) sondern ein Ersatz-ICE77 (über Spandau -> Göttingen -> Kassel). Aber für Deutsche Bahn im Jahr 2024 benahm er sich danach anständig.
Trotz zeitweiliger Personen im Gleis blieb die Verspätung bei einer Minute. Basel Bad empfing sie mit einem neu gebauten Fahrstuhl. (Finally) Zwischenzeitlich entlockte Madame ihrem Handy auf Madarin die Erklärung der Deutsche-Bahn-Klassen. Sie konnte verirrte chinesische Reisende in die richtige Richtung locken.
Mir träumte überraschend viel. Aber ich fürchte weder bietet Vivantes Mitarbeiterwohnungen an, noch ist eine gute Idee das Fazit meiner Abschlussarbeit mit Kohle auf die Straße vor einem Hundezwinger mit Kampfhunden zu schreiben.
Wenn mir nicht träumte, war ich damit beschäftigt, Stechmücken zu erschlagen. Am 16. November! In den Vorjahren hatten wir hier nicht einmal im Hochsommer Stechmücken.
Während ich mich nicht entscheiden kann, ob ich heute zu den Latifunden und/oder ins Schwimmbad fahre oder das Seminararbeiten nur durch einen kleinen Spaziergang unterbreche, möchte Menschen von mir eine detaillierte Weihnachtsplanung. Wie?
Die Einladung nach Kotzenbüll konnten wir schon annehmen.
Am S-Bahnhof-Schöneberg eröffnete schon wieder ein neuer Döner. Ich bemerkte es, weil auf der Straße eine 20 Meter-Schlange stand. Die war erklärlich: Der Laden eröffnete mit einem „Verkaufspreis“ von 1 Cent. Auch spannend: die übliche türkisch inspirierte Ballondeko bestand aus Ballons in Schwarz-Rot-Gold.
Die Gärtnerei/Blumenlanden im Bahnhof Innsbrucker Platz sah schon länger nicht mehr so richtig gut aus. Gefühlt hatte sie öfter geschlossen als geöffnet. Vor ein paar Tagen entdeckte Madame den Abriss. Es stellte sich auch heraus: Das Ladengeschäft gehörte gar nicht zum Bahnhofsgebäude. Es war ein Holzverschlag, der in eine Außennische gebaut worden war. Schade um das Geschäft. Plot Twist: Heute war die Gärtnerei wieder da. Der Verkauf erfolgt aus einem Container.
Nach zwei Tagen Ampelausfall vor den Südkreuz Offices hat sich die Polizei zur manuellen Verkehrsregelung entschieden. Bei Nacht sahen die Polizisten in ihren Reflektionsjacken und mit dem Leucht-Dirigierstab aus wie Flugplatz-Rollfeld-Anweiser.
Bringt mir Schwarze LED-Lichter
Wir gingen ins Theater. Dort erlebten wir ein Zusammentreffen dreier Besonderheiten.
Das Theater Coupé ist eine Kleinkunstbühne, die mitten im Bürgeramt Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz liegt. Nun werden ja nahezu alle Theater städtisch gefördert. Aber dass der Theaterraum und das Foyer Teil des Rathauses sind, ist ungewöhnlich. Es muss daran liegen, dass es in Berlin mit der Stadt Berlin und den Bezirken ja eh alles anders ist.
Die Bühne besteht seit 1994. Sie ist offiziell für verschiedene Kulturveranstaltungen nutzbar, de facto scheint das Deutsch-Jüdische Theater (DJT) derzeit die einzige Nutzerin zu sein.
Das DJT, das Deutsch-Jüdische Theater, entstand 2001 unter dem Namen Bimah. Beginnend im Coupé entwickelte es sich schnell und stürmisch durch die Spielstätten. Es war kurz davor, dauerhaft in den Admiralspalast zu ziehen. Dann starb 2016 der Impressario. Das Theater ist 2024 wieder zurück im Bürgeramt Wilmersdorf und vom Admiralspalast weit entfernt.
Der Dibbuk des Autors AN-SKI müsste ein Klassiker im Kanon europäischer Theaterstücke sein – wenn nicht 10 Jahre nach der Uraufführung Deutschland recht erfolgreich versucht hätte, Judentum und jüdische Kultur auszurotten.
Das Stück spielt Ende des 19. Jahrhunderts im Stetl in Wolhynien in der Westukraine. Es greift den klassischen Konflikt zwischen jung-romantischer Liebe und elterlichen Vernunftvorschriften auf. Hier stirbt der verliebte Nicht-Bräutigam und fährt als Geist (Dibbuk) in den Körper der Angebeteten.
Das Stück greift tief in die jüdische Mystik, und lässt ein ganzes Rabbinatsgericht auffahren, in dem ein weiterer Verstorbener durch einen Rabbi vertreten wird. Nur mit Hilfe mächtiger Bannsprüche gelingt es, den Dibbuk aus dem Körper der jungen Frau zu vertreiben – woraufhin diese auch stirbt. Die füreinander bestimmten Seelen der Beiden können sich vereinigen.
Wir sind verwöhnt. Barrie Kosky hat an der Komischen Oper viel historisches jüdisch-Berliner Repertoire aufgeführt – ausgestattet mit einem Bundeshauptstadt-Opernhaus-Etat und inszeniert von jemand, der ein Bällebad in all seinen internationalen Theaterauszeichnungen nehmen könnte. Der Vergleich, den eine semiprofessionelle 5-Personen-Truppe aushalten muss, ist unfair.
Eine Aufführung mit vier Schauspieler*innen (das wirkte eher wie Notwendigkeit, als eine künstlerische Entscheidung) mit schwierigen Soundeffekten und Minimalbudget in der Ausstattung ist im Vergleich chancelos.
Immerhin hat sie erreicht, dass es eine emotional-enge Atmosphäre war. Es hat mir die Dibbuk-Geschichte näher gebracht. Viele innere Bilder der Aufführung werde ich noch lange vor meinem inneren Auge haben.
Aber jetzt möchte ich auch eine ernstlich professionelle Inszenierung des Stücks sehen.
Chloroplast / Pferd
An ihren Modulor-Taschen sollt ihr sie erkennen. Wäre ich verloren gegangen im Labyrinthlauf durch den Schöneberger Gewerbehof – ich hätte einfach nur da entlang gehen müssen, wo die Damen mit den Modulor-Taschen und den papierverpackten Rollen herkommen.
Die Griffelkunst hatte gerufen. Die Griffelkunst-Vereinigung Hamburg ist ein Hamburger Verein, gegründet 1925, den ich grob in die Richtung Demokratisierung-der-Kunst / Bauhaus / Klassische Moderne einsortieren würde.
Er bringt Künstler und breiter(e) Bevölkerungsgruppen zusammen. Gegen eine schmale Mitgliedgebühr kann mensch zweimal im Jahr insgesamt vier Druckgraphiken zeitgenössischer Künstler auswählen.
Das Prozedere hat sich seit 1925 nur unwesentlich verändert. Zweimal im Jahr machen die Grafiken die große Runde. Sie werden einige Stunden lang an einem Ort ausgestellt. Die ortsansässigen Griffelkunst-Mitglieder kommen. Sie betrachten die Grafiken und treffen eine Auswahl. Danach werden die Grafiken in der entsprechenden Menge hergestellt.
Bei der nächsten Runde werden die ausgesuchten Werke vom letzten Mal abgeholt. Madame wartete ihre mehrjährige Warteperiode ab. So ist sie MItglied und ich darf auch von den Graphiken profitieren.
Seit einiger Zeit stellt „unsere“ Gruppe (Berlin 1) im Schöneberger Gewerbehof aus. Da Madame gerade im ICE77 Chinesen beriet, machte ich mich allein auf den Weg.
Ich wählte in Wahl 395 die C2 („Chloroplast“) von Julia Oschatz und in Wahl 396 die A1 (Berlin 1979) von Miron Zownir und holte unsere Wahl vom letzten mal ab.
Sei es, weil ich offensichtlich im Auftrag abholte, sei es, weil mir die richtige Modulor-kunstaffine Ausstrahlung fehlte. So streng werden wir mit Madame nie in den Ablauf vor Ort eingeführt. Immerhin gaben sie mir zwei Drucke, und ich konnte auf der Langescheidtbrücke die S-Bahn überqueren und zurück zum Kleistpark wandeln. Beide Werke sind die Busfahrt hindurch unverknickt zu Hause angekommen.
Haka Baku
Wer ihn noch nicht gesehen hat, der Protest-Haka im Parlament Neuseelands. Die Geschichte dazu so gruselig wie es für den November 2024 angemessen ist: Māori protests in NZ are about to get bigger and one person is being blamed
Der Schweizer Rundfunk fuhr mit Zug und Bus von Basel zur Klimakonferenz nach Baku.
Mit dem Zug, und ungeplant mit dem Bus fuhren Karen und Familie Maus von Paris nach Hamburg-Hauptbahnhof.