22-12-25 Bis der Whirl zweimal endet

Schauen Österreicher „Sissi“? Diese Frage ist bis jetzt für uns ungelöst.

Madame schäumte Milch.

Die Weihnachtsbräuche der Nachbarn bleiben unergründlich. Heute Nacht machten die Bräuche um etwa 1:30h intensives lautes Musikhören, rhythmisches Stampfen und weiterhin Schnaps erforderlich. Wir taten unser Missfallen angemessen nachdrücklich kund. Soweit hat es sich inzwischen eingespielt: Der Musikhörende Teil der Nachbar-Wohnungsbesatzung verließ nach unserer Missfallenskundgebung schnell die Wohnung und feierte an anderem Ort weiter.

Der reguläre Tagesstart ging dementsprechend langsam vor sich. Nach dem Freitag (überwiegend auf der Autobahn) und dem Samstag (Weihnachten vorbereiten und Bescherung), war heute „Auslüften und Wässern“ angesagt.

Wir begaben uns auf den Weg nach Stinteck und liefen einige Meter entlang der Nordsee. Die Tide lief noch auf, war aber kurz vor dem Hochwasser, das Wasser jahreszeituntypisch still. Auf dem Weg zur Badestelle sahen wir Schafe auf der Weide, die der Bauer mit gehäckselten Kohlresten fütterte. Und da wusste ich: Alles ist gut. So soll es sein in der Welt.

Am Deich entdeckten wir einen Pächterwechsel der Deichkate, ausgelüftete Hunde, einen Schwarm Möwen. Dass die Radler ausnahmsweise einheimisch waren, erkannte man am Nicht-E-Bike und daran, dass die Jacken weder brandneu noch im Partnerlook waren. Sehr kurz war ich versucht, eine Runde Winter-Nordsee-Baden zu starten, hatte mich aber im Griff. Denn wir wollten noch zur Meerzeit.

Das Hallenbad in Büsum hieß einst Piratenmeer, und hat nun nach jahrelangem Umbau wieder eröffnet.

Und ich sah, dass es gut war. Die ganze Gestaltung stilvoller, die Wegeführung sinnvoller, das Außenbecken schöner und einfach alles wirkte einladender. Weihnachtsbonus eins: ein Schwimmbad-Weihnachtsmann in voller Montur und mit Gummistiefeln lief durch die Halle und verteilte Geschenke. Weihnachtsbonus zwei: Wohlfühldichte. Außer uns war kaum jemand da, wir konnten alle Innen- und Außenwhirlpools nach Lust und Laune benutzen. Wir blieben je zwei Whirlphasen, begaben uns zwischenzeitlich mit zu Lesendem auf die Liegestühle.

Der Büsumer Hafen war ungewohnt: alle Schiffe lagen vor Anker, die Dichte an Fischkuttern war hoch. Die Weihnachtsgeschmückten Fischkutter waren sehr niedlich. Café Knüppel wird abgerissen. Hinter der Ruine taucht eine alte Wandinschrift mit „Nordseehafen“ auf.

Der Kaptain hatte sich Käsefondue gewünscht. Um dieses rechtzeitig servieren zu können, fuhren wir ohne Umweg nach Hause. Madame bereitete noch Feldsalat und Fenchel-Orangen-Kiwi-Salat. Wir alle freuten uns am Fondue. Davor und danach lief Sissi. Wir haben keine Ahnung, ob Österreicher den Film schauen.

Der Ukraine-Krieg verfolgt mich. Auf den Bad-Liegestühlen lasen wir. Ich hatte in Berlin wahllos auf den Granta-Stapel gegriffen, erwischte das Exemplar Conflict und dessen erster Text sind Briefe von Lindsey Hilsum nach Hause. Die Briefe einer britischen Korrespondentin zwischen März und Mai dieses Jahres aus Kyiv, Odesa, Dnipro. Noch-mal-Erleben der ersten Kriegswochen und noch einmal die Vernichtung Mariupols.

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