Eingang zim Titania-Palast mit Berlinale-Plakat.

23-02-21 Frauen reden, Männer ringen

Madame ruderte mit einem Regenschirm. Mehrfach.

Dort, wo vor wenigen Wochen noch die weiße Ledercouch auf dem Innenhof stand, liegt nun eine Weihnachtsbaum. Er scheint die Odyssee der Couch über den Hof, die Straße und wieder den Hof fortsetzen zu wollen. Vor einigen Tagen tauchte er eingepackt in einen Plastiksack direkt vor der Haustür auf. Dann wanderte er – ohne Plastiksack – auf den Radweg. Dann in die Baustellenabsperrung, dann vor die Baustellenabsperrung. Mittlerweile liegt er auf dem Hinterhof.

Der Kaptain kaufte in Büsum ein. Als sie zurückkehrte stand auf dem Parkplatz ein Auto mit kaputtem Scheinwerfer, kaputter Frontschürze und demolierten Kotflügel. Natürlich ohne einen Verursacher in Sicht. Im besten Fall bedeutet das einen Haufen Stress und Ärger, im schlechtesten Fall noch dazu einen Haufen Kosten. Auf jeden Fall ist das Auto in der Werkstatt, die einschlägigen Stellen sind verständigt und wir sehen weiter.

Ich überwand mich und nutzte den sonntäglichen Sonnenscheim, um das Fahrrad zu putzten großzügig Kette und Schaltung am Fahrrad abzuwischen und neu einzuölen. Immer wieder erstaunlich, wie ein 20 Jahre altes Rad durch ein bißchen Öl und Luft auf den Reifen neue Lebensgeister gewinnt.

Die Berliner Bäder gebierten (gebaren? geborten?) sich heute überraschend überraschend. Im weiteren Verlauf des Tages stellte sich heraus, dass Mr. Elliott einst einen Rettungsschwimmerschein hatte. Er möchte dennoch nicht den Sommer über als Freibad-Rettungsschwimmer arbeiten. Die Eiserne startete einen Server neu.

Zwei Filme

Da Berlinale ist, gingen wir ins Kino. Da es fast unmöglich ist, Berlinale-Tickets zu bekommen, gingen wir ins „normale“ leere Kino. Am Sonntag: Motståndaren im Titania-Palast Steglitz im Rahmen der Berlinale. Montag: Women Talking im Odeon in Schöneberg. Beides sind eindrückliche Filme über Flucht/Verlassen und beide enden mit der Naheinstellung eines Säuglings als Symbol für die Hoffnung auf zukünftige Generationen.

Eingang zim Titania-Palast mit Berlinale-Plakat.

Motståndaren – die Geschichte eine iranischen Ringers, der vielleicht, vielleicht auch nicht, mehr als freundschaftliche Gefühle für einen Teamkameraden im Iran hatte. Auf jeden Fall machten dementsprechende Gerüchte die Runde. Der Ringer flieht mit Frau und zwei Töchtern nach Schweden. Um seine Chancen auf einen Aufenthaltstitel zu vergrößern fängt er wieder mit dem Hochleistungssportringen an. Dort ist er, zum Unglück seiner Frau, wieder von schwitzend-muskulösen Männerkörpern umgeben. Das Nicht-Reden-können ist ein Thema des Films, ebenso wie das Gefangensein in der eigenen Lage.

Wo reden schwerfällt, sind Bilder um so wichtiger. Bildlich wechselt der Film zwischen dem klaustrophisch-monotonen Inneren von Flüchtlingsheim und Behörden sowie der Winterwunderlandschaft Nordschwedens mit Bergen, Wäldern und jeder Menge Schnee. Die Landschaft macht aber auch deutlich: Außerhalb des Flüchtlingsheims gibt es nur Bäume, Schnee und Wölfe. Ihr sitzt wirklich fest. Und natürlich zeigt der Film zahlreiche choreographierte Nahaufnahmen des Ringkampfes.

Women Talking – Erzählt nach einem Roman von Miriam Toews, der sich wiederum an einer realen Geschichte orientiert. In einer abgelegenen Mennonitischen Gemeinschaft vergewaltigt eine Gruppe von Männern über Jahre Frauen, indem sie diese vorher Kuh-Betäubungsmittel ohnmächtigt macht. Die offensichtlichen Zeichen sexueller Gewalt werden als Werk der Geister/ des Satans oder überbordender weiblicher Phantasie geschildert. Irgendwann werden die Männer erwischt und kommen vor ein weltliches Gericht. Soweit der wahre, reale Teil der Geschichte. Dieser dient aber nur als Aufhänger für den Film.

Eine Gruppe von Frauen aus mehrere Familien und Generationen diskutiert wie sie mit der Situation umgehen sollen: Bleiben und es akzeptieren, bleiben und kämpfen oder die Kolonie verlassen. Wo Iman, der Ringer, in Motståndaren daran scheitert, dass er nicht sprechen kann, geht es in Women Talking darum, eine Sprache zu finden. Wie redet frau – in einer Gemeinschaft in der Frauen weder Wünsche noch einen Geist noch einen Körper haben dürfen – über das was geschehen ist? Wie streitet sie über Wünsche und Pläne? Ein Film, der im Wesentlichen das zeigt was der Titel verspricht: Women Talking. Was heutzutage ein Garant für viele Filmpreise und einen Box-Office-Flop ist, leider.

Vier Links

Miss South empfahl für mein Kochprojekt Cuban Style Black Beans. Ein Blick in die Trockenvorräte ergab nur eine alte Packung Schälerbsen. Schälerbsen im Cuban Style wirkte selbst mir zu unseriös. Und so internetsuchte ich mich zu Gabi Frankemölles Westfälischer Erbsensuppe. Die mir insbesondere gefiel, weil sie eine Rezeptvariante mit Räuchertofu statt Fleisch vorschlug. Mein Experimentiergeist war geweckt. Ich stellte fest: Erbsenuppe im Slow Cooker dauert ewig. Mit der nicht-ganz-neuen-Packung Schälerbsen musste der Crocky sieben bis acht Stunden auf High laufen. Jetzt ist es aber schön sämig und rauchig und wir werden demnächst testen.

Frau Kellerkind war nicht Hinten im Garten sondern in München.

Falls ich jemals nach Japan komme, möchte ich ins Miyazaki-Land. Oder: wie kann man einen Freizeitpark so gestalten, dass er die komplette Gegenthese zu Disney World ist.

Der Berliner in mir freut sich über die Suche des New York Magazins nach dem besten Döner der Stadt: The Kebab Chain Poised to Shake Up New York’s Doner Scene. Es beginnt bei German Doner Kebap (GDK) „in Astoria on a busy part of Steinway Street“ (zu mittelmäßig). Die Autorin geht weiter zu Istanbul Kebab House in Hell’s Kitchen (kein echter Döner-Stand). Der nächste Stop ist Kotti Berliner „at its Dekalb Market Hall location“ (zu Curry-lastig). Schließlich findet sie den besten Döner bei Berlin Doner in Greenwich Village – wo es sowohl das perfekte Lammfleisch als auch die perfekte Umgebung aus Halbbetrunkenen, enge und Hitze gab.