25-06-03 Dinner mit Aussicht auf Regen

Madame errang in Säkularisierungstheorie und Facetten und Wahrnehmung religiöser Vielfalt je 100%.

Nachzutragen ist: Das in diesem Blog bereits erwähnte Klavierkonzert von Severin von Eckardstein hat seinen Weg in die Deutschlandfunk-Audiothek gefunden: Severin von Eckardstein beim Berliner Klavierfestival.

Emma von Adecco schrieb mir eine Handy-Nachricht. „Hallo! Ich bin Emma von Adecco. Wir haben eine Stelle als Freiberufler zu besetzen. Kann ich Ihnen mehr Einzelheiten geben? Reply STOP Exit.“ Fast wäre ich neugierig genug gewesen, um nachzufragen.

Nachbarin Polizei hat auf ihrem Gartenparkplatz drei Glasflaschen aufgestellt, kurz bevor der Parkplatz ins Beet übergeht. Die LowTech-Variante eines Einparkpiepsers?

Gelesen (in Teilen): Tales from the Manuscript of Saragossa. Ein Deutscher las die englische Übersetzung eines französischen Buchs, das ein Pole geschrieben hatte, welches von einem Niederländer in Spanien handelt, der Geschichten aus Italien erzählt. Wilde Angelegenheit. Später kommt mehr dazu.

Das allererste mal länger in Berlin war ich im Rahmen eines Praktikums. Frau Tampon-Sögel beherbergte mich in ihrer Wohnung in Weissensee. Sechs Wochen lang fuhr ich jeden Tag mit der U8 zum Hermannplatz und stieg dort um in die U7 zum Südstern. Wenn ich aus der richtigen Perspektive in der U-Bahn-Station Hermannplatz unterwegs bin, habe ich manchmal immer noch den Geruch der Ofenheizung aus der damaligen Wohnung in der Nase.

Kathedrale der Elektrizität

Neukölln ist das neue Südkreuz. Nein, eigentlich nicht. Aber wie im Südkreuz auch, steht in der Passage zwischen Karl-Marx-Straße und Richardstraße ein Klavier. Dieses gehört zum Restaurant Vorwerck (Iberty: 2023) und begrüßt die Gäste.

Ich aber wollte nur ein bisschen bummeln zwischen dem migrantisch geprägten Kleingewerbe an der Karl-Marx-Straße und der Richardstraße, die gerade noch so auf dem schmalen Grad zwischen Boheme, Verfall und übler Gentrifizierung balanciert, um sehenswert zu sein. Nicht zu vergessen, dass hier die 1000 Quadratmeter Neukölln liegen, in der der Stadtbild an seine alte Zeit als Böhmisch Rixdorf erinnert und dörflich wirkt.

Tourist in der eigenen Stadt: Noch auf dem Hinterhof bei Restaurant/ Neuköllner Oper/ Kino wurden aufwendige Blumengestecke zusammengesteckt. Ich lief langsam die aufkommende Schwüle des Wochenendes spürend durch die Passage zur Richardstraße. Dort steht das expressionistische Umspannwerk (siehe: Kathedrale der Elektrizität). Ich fand Musikinstrumentenwerkstätten ebenso wie das auf Biographien spezialisierte Antiquariat. Auf der Rückseite das Ensemble Neuköllner Hochniederkultur mit der Neuköllner Oper, dem Heimathafen Neukölln, dem Vorwerck und eben den Passage-Kinos.

Dort erwartete mich ein Kinoposter, dass es mir den Rücken kalt herunter laufen lassen lies, zum Glück zu einem anderen Film. In meinem Film traf ich ein Mutter-Tochter-Gespann, Mutter mit osteuropäischem Akzent und ein mittelaltes Männer-Duo, unklar ob Paar oder nicht. Und ein märchenhafter Film: Flow. Ich begab mich in Reihe 4, Platz 3 und lehnte mich im Sessel zurück. Ich war früh, musste aufpassen, in der Wärme des Tages nicht einzuschlafen.

Schnurchel, schnurf

Endlich einmal ein Filmheld für mich: Ein Capybara, das den halben Film über schläft und schnarcht und die andere Hälfte über andere Tiere rettet.

Ich wollte ins Kino. Drei Filme kamen in Frage: Pane, Amore e Fantasia (Italien, 1953), Ghost in the Shell (Japan, 1997) und Flow (Lettland, 2024). Ich warf Würfel befragte den Halluzinator und er riet:

  • Pane, amore e Fantasia: Ja, wenn du Hitze und Lächeln suchst, mit einem kleinen Aperitivo danach.
  • Ghost in the Shell: Ja, aber mit ruhigem Geist und offenen Pupillen, Wenn du dich verlieren willst, tief drinnen.
  • Flow: Ja, Wenn du leise Schönheit willst, wenn du bereit bist zu fühlen, ohne dass jemand spricht.

Meine Entscheidung fiel dann weniger poetisch aus, richtete sich danach, welcher Film Samstagnachmittag lief in einem mir bisher unbekannten Kino. Und so landete ich im Passage-Kino Neukölln in Saal 4 und sah Flow. (Trailer)

Der Film war Originalversion angekündigt. Aber das hatte vermutlich keine Auswirkungen, denn es gibt keinen Dialog. Null. Eine Welt ohne Menschen, nur Tiere – die zwar untereinander kommunizieren, aber durch Geräusche, Gesten, Körperlichkeit.

Eine lettisch-belgisch-französische Koproduktion, in der ich mir einbilde sowohl osteuropäische märchenhafte Poesie zu finden wie auch französischen Willen zum Stil. Eine Welt, in der Menschen einst waren, sie ist voller menschlicher Artefakte. Aber nicht erklört (von wem auch?). Eine Gruppe von Tieren, Katze, Lemur, Sekretärsvogel, Labrador und eben das Capybara retten sich auf ein Floß.

Es gibt nicht wirklich einen Plot (wie auch ohne formulierte Ziele?), sie erleben, werden getrieben, versuchen im Fluß zu blieben. Geschaffen wurde der Animationsfilm ausschließlich mit der Open-Source-Software Blender und gewann eine Latte Preise.

Wir waren letzten Sommer im Lettland, wo jede Menge Plakate zum Film hingen, und er der meistgesehene Film der lettischen Geschichte ist. Aber selbst für Nicht-Letter: Er ist sicher einer der speziellsten Filme, die ich in den letzten Jahren sah.

Schwalben kommen, Schwalben gehen, Schwalben kommen

Was für ein seltsamer Sonntag. Die Wettervorhersage hatte leichtes Getröpfel (Berlin) bzw. schwere Weltuntergänge (Latifundien) vorhergesagt, und ich war auf den Latifundien.

Einen halben Tag blieb ich damit beschäftigt, alle fünf Minuten in den Bungalow zu verschwinden, weil es entweder anfing zu regnen oder in der Sonne drückend heiß wurde, oder wieder rauszugehen, weil es gerade wieder angenehm war.

Terrassenfrühstück und Kaffeegartenrunde gelangen noch. Dann kam ein leichter Regen. Ich packte alles zusammen, und alles ich dann im Bungalow saß, dachte ich, jetzt ist wieder trocken. Das Spiel wiederholte sich. Als der Regen vor war, kam Sonne. Auf der ungeschützten Terrasse in der Sonne merkte ich die Schwüle sofort und ging wieder rein. Dann kam eine Wolke und ich ging wieder raus.

Außer Lesen und Bachelorarbieren war ich mit dem Wetter-hin-und-her vollauf beschäftigt. Auch die Tiere schienen verwirrt. Ich sah wenige von ihnen. Kurz vor dem eigentlichen Unwetter ein Schwarm Schwalben wild über dem Grundstück. Dann kam das Unwetter gar nicht bzw zog nördlich und südlich an mir vorbei, und wieder der Schwarm Schwalben.

Ich glaube, ich habe ein- und dieselbe Fliege dreimal durch die Haustür wieder nach Draußen gelassen.

Mein Plan war es während des für den Abend angekündigten Weltuntergangs zu Essen, und dann nach dessen Ende wieder nach Schöneberg zu fahren? Mangels Weltuntergangs fiel mein Plan in sich zusammen.

Am Ende saß ich auf der Terrasse, aß Staudensellerie und Paprika, trank Buttermilch und sah die spektakulärsten Gewitterwolken, die alle in der Ferne von mir vorbeizogen.

Ethik oder Diversität oder Gestaltung?

Eine andere Entscheidung liegt noch vor mir. Eigentlich wäre es Zeit mich für das Wintersemester 25/26, nach Plan Mastersemester 1, zurückzumelden. Aber es ist sinnvoll, gleich die Module anzugeben, die man nächstes Semester belegen will.

Dafür muss man wissen, welche Module man belegen will. Und bei einem kann ich mich nicht entscheiden.

Die Rahmenbedingungen: An sich möchte ich die Masterarbeit Wirtschaftsinformatik irgendwann bei einem Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik schreiben. Dazu empfiehlt es sich, sie alle mal im Modul kennengelernt zu haben. Vier kenne ich schon, der fünfte fehlt mir noch: BIGSI, der Lehrstuhl für Betriebs­wirtschafts­lehre, insb. Gestaltung soziotechnischer Informationssysteme. Dieser bietet drei Module an: Digitale Ethik, Digitale Diversität oder Socio-Technical Information Systems Design.

  • Digitale Ethik ist ein Bachelormodul, das sich mit etwas Zähneknirschen für den Master anerkennen lässt. Wäre (hey, Nebenfach-Magister-Philosoph!) natürlich weit in meiner Komfortzone. Andererseits bin ich da auch weit in meinem „Someone is wrong on the Internet!“-Bereich. Also bitte, soll ich mir von BWLern was über Philosophie erzählen lassen?!?
  • Digitale Diversität ist ein Mastermodul. Da gilt das mit der Komfortzone eingeschränkt. Zu meiner Studienzeit war die Identitätspolitik entweder sehr abstrakt (hallo, französische Poststrukturalisten) oder fand in den unwissenschaftlichen Nebenfächern (aka Geisteswissenschaften) statt. Zur Soziologie war sie noch nicht wirklich vorgedrungen. Aber insgesamt liegt das auch nah an dem was ich sonst mache und denke.
  • Socio-Technical Information Systems Design ist ein englischsprachiges Modul (wenn auch erfreulicherweise viel näher an proper English als Knowledge Management..) und liegt im Komfortbereich, weil es sehr meinen derzeitigen Interessen entspricht – auch wenn ich hier vermutlich am wenigsten Vorwissen habe.

Und so lange ich mich nicht entschieden habe, kann ich mich nicht rückmelden.

(halber Bürotag klimatisiert, Rückflug mit Schlafen, 8,5 Stunden, 29 Grad auf 19 Grad): Jetzt wird es mega-spannend denn: Konzeptwechsel!

Herr Mess über KI im Alltagseinsatz. Deckt ungefähr meine Erfahrungen: Mir hilft es beim lateralen Denken, weil es oft genug schräge, unerwartete Ergebnisse liefert und unerwartete aber nicht unpassende Wissensbrocken hervorzaubert. Oder halt frei erfundenes. Wenn ich Inspiration suche ist mir das fast egal. Aber never ever glaubt ohne Kontrolle, was ihr da lest: KI-Krisen. (und ja, sie hat noch das anderes Einsatzgebiet, das in einer seriösen Welt spielt, dass sich als unbezahlter Praktikant zusammenfassen lässt. Braucht Aufsicht und klare Ansagen, Qualität voller Überraschungen, aber sie verschnellert einiges deutlich)

Julia Pracht übersetzte für das Alpine Museum München und lernte einiges über Sand- und Kalkstein.

Frau Novemberregen on a run. Oder eher: On a flight. Ich habe jedes Wort gefeiert.

2 Gedanken zu „25-06-03 Dinner mit Aussicht auf Regen“

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