25-10-11 Vollzeiteinfädeln

Es hat Pfumb gemacht. Das Auto springt an. Der Subaru hat nach drei Wochen des Nicht-Bewegtwerdens im Jahre 2025 problemlos den Sprung in die Herbst der kühlen Temperaturen geschafft. Damit verläuft dieser Herbstbeginn besser als der von 2023 (Ausfall wegen Batterie) und der von 2024 (Ausfall wegen Benzinpumpe).

Auch sonst lief und bewegte sich eine Menge. Aus dem Urlaubsrhythmus kommend, versuchte ich mich in ein derzeit wildbewegtes Alltags- und Arbeitstempo einzufädeln, ohne überfahren zu werden.

Gefühlt war Kalenderwoche 41 meine erste echte Vollzeit-Arbeitswoche seit Mitte Juli – Wochen in denen vieles gestartet wurde, das nun mit voller Wucht auf mich hereinkam. Ich konnte weder sagen „ich bin schon wieder weg“ oder „dann bin ich ja im Urlaub“, sondern es kam alles auf mich. Der Lackmeister, mein Halt-mir-den-Rücken-frei-Kollege, hat extra mit seinem Urlaub gewartet, bis ich wieder voll ansprechbar bin, aber nun es ist soweit. Er ist weg, ich geriet in eine bewegte Woche.

Nicht das Wichtigste, aber erinnernswert an einer erlebnisreichen Woche: Meine überraschend lang andauernde Erklärung, dass sich ein defektes Kabel auch in Fällen hoher Dringlichkeit nicht remote reparieren lässt.

Immerhin konnte ich fast das komplette Wochenende damit verbringen, in eine Decke eingehüllt auf die Latifundien zu schauen, Kraniche und Stare(?) zu bewundern, etwas zu lesen und etwas mehr zu schlafen.

Nachdem ich jetzt eine Woche Zeit hatte, mich wieder im Alltag einzufinden, mich selbst, Arbeit und sonstige Umwelt wieder in einen zueinander passenden Rhythmus zu bringen, geht es auch das Blog wieder richtig. Ich schreibe am Sonntag über die Woche, die Sonntag zu Ende geht.

Es war eine Berliner Woche der Arbeit und anderthalb Tage des Schlafens in den märkischen Hamptons.

Während vor mir ein Farbbeispielkatalog liegt, macht auch das Wetter deutlich: der graue Alltag hat mich wieder.

Auf dem Weg zur Arbeit passierte ich den Möbel-Hoffi. Quer über den Parkplatz des noch leeres Geschäfts dröhnt ununterbrochen eine automatisierte Lautsprecherdurchsage „Herr .. bitte sofort zum Kontrollpunkt kommen. Herr … bitte sofort zum Kontrollpunkt kommen. Herr … bitte sofort zum Kontrollpunkt kommen.“ – so beginnen Horror- oder Zombiefilme.

Das ehemalige Café Lavazza am Bahnhof Südkreuz verwandelt sich in ein Café Einstein. Im Rahmen der bahnhofsbedingten Systemgastronomie scheint mir das das Beste, was passieren konnte.

Berlin semisperrte eine weitere Autobahnbrücke. In besseren Nachrichten: die neue Show im Friedrichstadtpalast lief an.

Direkt neben der semigesperrten Brücke erhielt ich eine Führung durch das Stadtbad Wilmersdorf I selbst inklusive des Chlorgasraums. Madame kaufte kurz darauf Forellenkaviar in Berlins Kaviar-Epizentrum, dem Ledo am Heidelberger Platz.

Die Gemüslichkeit entschuldigte sich fast für den Herbst und den Wechsel des Ernteanteils von Tomaten und Zucchini hin zu Möhren und Kartoffeln. Wobei ich denke: Noch empfinden die meisten den Wechsel als abwechselnd. Viel spannender wird es ja, wenn es im März immer noch Möhren und Kartoffeln gibt.

Ich bearbeitete die Möhren, die schon fast klischeehaft klein und verknorzt waren. Aber ich glaube noch nie stand ich in einer derartigen Wolke Karottendurft einfach nur beim Putzen des Gemüses. Ich bin begeistert.

Café-Literaturpreis

Weiter gelesen in Moritz Klopsteins Effi-Briest-Adaption. Dabei das schöne Wort Haselant gelernt1 und beschlossen, es in meinen aktiven Wortschaft aufzunehmen.

Gelesen. Das zum Geburtstag geschenkte Buch Ein Bauch spaziert durch Paris – nach dem Besuch von Paris und von Vincent Klinks Wielandshöhe in der Vorwoche natürlich die perfekte Nach-Reise-Lektüre.

Etwas anstrengend: das Füllmaterial, das sich sehr nach einer Paraphrase der entsprechenden Wikipedia-Artikeln zu Paris anhört. Lohnend: Seine eigenen Schilderungen, Begegnungen, seine Obsession mit Hotelbars und natürlich die zahlreichen Restaurantbesuche.

Mit besonders in Erinnerung geblieben:

Das Café Les Deux Magots, das seit 1933 einen eigenen Literaturpreis vergibt. Obwohl es seit dem 1950ern Stammgast eines jeden Reiseführers ist, soll es laut Klink immer noch sehens- und erlebenswert sein. (Salat um die 25-30€))

Das Grand Véfour, in dem schon Danton und Robespierre aßen, später dann Jean Concteau, Colette und andere. Heute betrieben von Guy Martin und laut Klink immer noch eine Empfehlung. (Drei-Gang-Mittagsmenü aktuell 70€ plus Getränke)

Das Jules Verne. Nachdem ich es schaffte, Paris hemmungslos zu verfallen, und dabei den Eiffelturm komplett zu ignorieren2, brachte mich Klink auf die Idee, dass man sehr viel Touri-Entertainment vermeiden, und dabei hervorragend essen kann, indem man das Turm-Restaurant besucht. Das hat zwei Sterne und eine hervorragende Aussicht. (und hier kostet das Vier-Gang-Mittagsmenü aktuell 180€ plus Getränke. Die Website weist nachdrück auf den Dresscode hin)

Neben vielen spannenden Infos über Paris, hat es mir aber auch geholfen, unser Essen letzte Woche noch besser zu verstehen. Denn im Buch wird deutlich: Zwei Herzen schlagen ach in seiner Brust: der bodenständige-fast-puratinische-Schaffer-Schwabe, und derjenige, der hemmungslos Pariser Großartigkeit und Darstellungsgabe verfallen ist. Beides findet sich in seiner Karte.

Musik

Im ehemaligen Mecca-Klavierbau zieht Miamorflora ein.

Ein Klavierbauer besuchte die Wohnung. Er begutachtete das geerbte Zimmermann-Klavier, das der ehemalige Mecca-Klavierbauer3 als irreparabel defekt bezeichnet hatte. Die gute Nachricht: Der Zweitmeinungs-Klavierbauer sieht das nicht so. Die schlechte Nachricht: Jetzt müssen wir es wohl mal in Ordnung bringen lassen.

Aus der Konserve läuft beim Schreiben dieses Textes die CD Monika Roscher – Witchy Activities; auch ein Geburtstagszugang dieses Haushalt und ein sehr hörenswerter. Vielen Dank!

Text

Juna, irgendwie jüdisch, Der siebte Oktober. 7. Oktober 2025

Beim Durchirren von Stuttgart 21 fragten wir uns, was eigentlich aus dem angekündigten Neubau des Bahnhofs Altona wurde. Stern.de lieferte eine aktuelle Antwort: Was Stuttgart kann, kann Hamburg auch: Bahnhof Altona wird Jahre später fertig

Hätte ich den Samstag nicht unter Kranichen verbracht, dann im Erinnern an den Türkischen Bazar im Bahnhof Bülowstraße: Ein U-Bahnhof als Herzstück deutsch-türkischen Lebens in Berlin Ich hoffe jetzt auf die kommenden Jahre.

Ding, ding, ding! – oder: warum ich versuche, möglichst alte Autos zu fahren, oder: niemals wusste die Menschheit mehr über die Gestaltung von Bedienoberflächen und niemals war sie schlechter darin.

Hurra, lesenswerter Popjournalismus: Lola Young ist nicht Amy Winehouse! (via holy fruit salad)

Lorenzo unaufgeregt: Sanktionen beim Bürgergeld verschärfen: Wissenschaftliche Kritik und Befunde

So wichtig: dazwischen ausreichend freiraum, spielraum für später. da alles, damit hatte ich nicht gerechnet. // um meine imaginationsräume zu öffnen. so sage ich, und genau so stimmt es.

Anmerkungen

  1. „Der Wallache war ein richtiger Haselant! Und als solcher nicht vertrauenswürdig“ ↩︎
  2. Weil ich es kann! ↩︎
  3. Der gar kein ausgebildeter Klavierbauer war, wie wir jetzt lernten. ↩︎

Ein Gedanke zu „25-10-11 Vollzeiteinfädeln“

  1. @Haselant
    Der Beschluss, ein Wort „in meinen aktiven Wortschatz aufzunehmen“. Kühn. Kann der aktive Wortschatz willentlich festgelegt werden? Meiner glaube ich nicht.
    Immerhin habe ich die Bedeutung jetzt mal nachgeschlagen. Wär ich nie drauf gekommen.

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