Endlich fand ich eine zweifellos sinnvolle Anwendung von ChatGPT. Es löst jetzt meine Captchas und ist dabei erfolgreicher als ich.
Madame töpferte ein Seepferdchen nach Art eines mittelalterlichen Elefantenbildes. Allerdings steht ihr das Internet zur Verfügung und so konnte sie ihr Werk vor dem Abschluss noch einmal mit Bildern echter Seepferde vergleichen.
Das Café Bilderbuch ist weg! Zumindest deutet Frau Karminrot das an und die Insolvenzmeldungen vom 11. August scheinen es zu bestätigen. Meine Reaktion „Oh gott! Sie haben das seelische Zentrum aus dem Kiez gerissen!“. Madame reagierte rationaler mit „Das sah schon lange so aus als sollte es mal überarbeitet werden, aber anscheinend war kein Geld mehr da.“ Passend dazu: Außerdem haben die Leute sich schon immer mit Lektüre wichtig gemacht. Schließlich wurde dafür extra das Café erfunden.– aber heute anders.
Ich staune: Ich habe im Internet unseren Umzugswunsch bei der Telekom eingetütet und keine 10 Minuten später rief die zuständige Sachbearbeiterin mit sinnvollen Rückfragen und Informationen an. Bei o2 ist sowas nie passiert. Dafür stellt sich der neue anvisierte Stromanbieter tot. Na mal schauen.
Es war ein Arbeits- und ein Prä-Umzugstag.
Der Hof und der Müll
T-10 bis zum Umzug. Wir verzehren die letzten Vorräte aus dem Gefrierschrank. Langsam häufen sich die Momente, in denen wir denken „Das letzte Mal, dass..“ oder „Bald nicht mehr..“
Ein erfreuliches Bald-nicht-mehr wird auf jeden Fall der Abschied von den Haus-Hallodris. Die entpuppten sich zum Abschied noch einmal als rechte Rüpel-Eumel, als Madame höflich fragte, ob sie es sind, die seit neuestem das Hoftor abschließen und damit die BSR aussperren. Vermutlich getroffen in all‘ ihrer normal-vermüllenden Hallodrihaftigkeit – und gerade offenbar im Termin mit Opfern Kaufinteressierten – reagierten ein Hallodri mit Verbalaggression. Mon Dieu!
Immerhin scheint ihnen durch das Gespräch aufgegangen, dass Müll-Berge im Hinterhof nicht dem Verkaufsclaim helfen, dass hier ein ordentlich-bürgerliches Haus steht. Passend zum Niveau und ihrem wir-scheuen-Kosten-und-Mühen-Anspruch versenkten sie den herumliegenden Müll jetzt erstmal im Papiercontainer. Mon Dieu!
Mit der Dresdner Eisebahne
Auch offiziell sind wir neue Menschen. Seit Freitag sind wir offiziell Bewohner des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf (ChaWi), im Personalausweis klebt ein neuer Aufkleber, seine elektronisch gespeicherten Daten wurden umprogrammiert.
Zum Abschied fand der Termin in unseren ehemaligen Altbezirk Tempelhof-Schöneberg (TS) statt. Das einzig zeitnah verfügbare Bürgeramt lag an der Grenze von TS zu Brandenburg. Auf mit der Dresdner Eisenbahne ans südliche Ende Berlins nach Lichtenrade.
Dort: eine epische Unterführung vom Ausmaß eines komplettem Kongresszentrums (siehe Der lange Anfahrtsweg der „Dresdner Bahn“) und ein backsteingeprägtes Ortsbild, dass in Madame sofort Norddeutschlandassoziationen weckte. Kaum sprache es aus, sahen wir eine Filiale des Lübeck/Hamburger Stadtbäckers Junge.
Aber vor das Pain au chocolat hatte der Plan die Ummeldung gelegt. Das Bürgeramt sitzt im ehemaligen Christophorus-Kinderkrankenhaus. Nachdem wir gemeinsam mit der Sachbearbeiterin dem Start ihres Rechners beiwohnten, lief alles problemlos.
Passend dazu besichtigte ich endlich die halbfertige Küche, wir brachten ein paar Sachen aus der Kategorie „Sperrig, empfindlich, nur selten benötigt“ aus der alten Wohnung in den neuen Keller.

Nada
Gelesen: Jean-Patrick Manchette: Nada – ein Buch, in dem die Akteure quasi immer überhastet, übereilt und spontan agieren, das in seiner Wirkung auf mich aber langsam zersetzend ist. Mit jedem Tag Abstand zur Lektüre denke ich mehr darüber nach und bin begeisterter.
Paris, 1971, eine Stadt in grau und Dauerregen. Die Hoffnungen von 1968 sind zerstoben – aufeinander treffen eine wild zusammengewürfelte Gruppe der Links-Linken der Gruppe Nada zwischen Desillusionierung, sinnentleerter Gewalttätigkeit und dem Versuch sich an etwas festzuhalten und der Staat in Form emotionsloser Machtausübung.
Nada entführt den amerikanischen Botschafter, ohne wirklich an Erfolg oder Sinn der Aktion zu glauben und wird im Anschluss vom französischen Staat in einer Schießerei plattgewalzt. Hoffnung hat niemand. Der einzige, der Freude empfindet, ist vielleicht der sadistische Kommissar.
Fast ein Roman wie ein Gedicht – kein Wort zuviel: Die Szenen sind angerissen, die Dialoge auf das Notwendigste begrenzt, Stimmungen werden in zwei drei Worten gesetzt. Und doch, das deprimierte, graue, zynische Nach-68er-Paris so unfassbar gut getroffen. Ein Roman, für den ich fast ernsthaft französisch lernen möchte, um die Sprache im Original zu lesen.
Direkt danach: Rainer Erler – Reise in eine strahlende Zukunft. Ein Politthriller von 1986 über Atommüll und Castor-Transorte. Auch kein schlechtes Buch. Aber im Vergleich zum Manchette davor halt, als hätte ich Foucault zur Seite gelegt und jetzt ein Gemeinschaftskunde-Lehrbuch ergriffen.
Mit Dip, ohne Häuser
Andere erleben Abenteuer, ich dippe. Immerhin erlebe ich Abenteuer ohne Ende, wenn ich versuche, die beim Dippen entstandenen Saucenflecken wieder aus den Shirts zu bekommen: Rote Beete-Raita
Frau Blattspinat-U-Bahnverleih besuchte Mühlrose, das letzte für den Braunkohleabbau in der Lausitz abgerissene Dorf: und entdeckte ein Dorf ganz ohne Häuser: Nur mit Straßen, Hecken, erkennbaren Grundstückgrenzen und ganz besonders grünen Rasen auf dem ehemaligen Schwimmbadgelände: Das Dorf ohne Häuser
Ein Lob des Performative Readings. (via Kieselblog)
Biopics sind nicht meins. Aber diese Maria-Besprechung macht mich neugierig.
Wer mit Katz fermentiert, fermentiert gut. Salzgurken bei Magentratzerl.
Zum Abschluss: Forensic Accounting und KI
Im Internet traf ich auf einen Artikel zum spannenden Thema KI und die Wirtschaft. Der Artikel hatte mich, als er von „Forensic Accounting“ sprach. Ansonsten ist er glaube ich dem größten Thema von LLMs / KI auf der Spur: Es verbrennt Millarden Dollar, die sich nirgendwo verdienen lassen:
Nvidia invests in AI startups, startups commit to cloud spending, cloud providers purchase Nvidia hardware, Nvidia recognizes revenue, but the cash never completes the circuit because the underlying economic activity—AI applications generating profit—remains insufficient. (The Algorithm That Detected a $610 Billion Fraud: How Machine Intelligence Exposed the AI Industry’s Circular Financing Scheme)
Was altbekannt ist, aber immer wieder wiederholt werden sollte:
OpenAI, valued at $157 billion in its most recent funding round, reported $3.7 billion in revenue for 2025 according to The Information. The company simultaneously disclosed operating expenses of $13 billion, resulting in a $9.3 billion annual cash burn.
Aber spannenderweise auch eine gute Nachricht für KI-Fans (wenn auch nicht für LLMs):
November 20, 2025, represents an inflection point in financial markets. For the first time, algorithmic trading systems detected accounting fraud faster than human analysis. The 18-hour reversal from post-earnings euphoria to negative market territory reflects machine intelligence processing financial statement footnotes, calculating deviation from industry norms, and executing trades before human analysts completed their models.