Zwei Eichelhäher scheiterten. Als wir den Bungalow betreten wollten, lag vor der Tür ein gigantischer Stapel Zweige. Weiteres Beobachten erbrachte: auf einem Balken etwa anderhalb Meter über der Tür befand sich der Beginn eines Vogelnestes.
Im Laufe des Samstags kristallisierte sich heraus: zwei Eichelhäher versuchten auf dem schmalen Balken über der Tür ein Nest zu bauen. Leider ist der Anflug schwierig, der Balken schmal – mehrfach am Tag funktioniert das mit dem rechtzeitigen Bremsen nicht, und der Nest-Ansatz fliegt auf den Boden.
Zweige vom alten Nest-Ansatz darf man nicht mehr benutzen. So sagt es das eherne Eichelhäher-Gesetz. Deshalb lag direkt vor der Tür genug Baumterial für eine komplette Eichelhäher-Großsiedlung.
Naja, und da wir nicht umhin konnten die Eingangstür jetzt mehrfach als solche zu benutzen, wurde es dem Pärchen auch zu unruhig und sie suchten sich hoffentlich einen geeigneteren Ort zum Nestbau.
Jetzt müssen wir nur noch das Rätsel klären, warum andauern Bienen durch die Terrassentür hinein oder hinaus wollen. Ein Nest im Bungalow fanden wir noch nicht.
Während wir hier also saßen, telefonierte Madame mit südwestdeutschen Bekanntschaften. Sie tauschten sich darüber aus, dass das was Westdeutsche als „Datscha“ bezeichnen, im ostdeutschen ein „Bungalow“ ist. Kurzes etymologisches Nachschlagen bei Wikipedia: Datscha bezeichnet eigentlich das Stück Land auf dem sich das Haus befindet. Das Wort Bungalow hingegen stammt aus dem Gujarati und ist „ein Haus in bengalischer Bauweise.“
Diese bengalischen Häuser bauten sich die Kolonialbeamten gerne als Wochenend/Landhäuser, womit die Doppelbedeutung des Bungalows als ebenerdiges Haus ebenso wie die als Wochenendehaus abgedeckt war.
Aber bevor wir zum Garten gelangt waren, galt es, unseren Kulturwinter zu beenden. It ended with a bang: Hedwig and the Angry Inch im Renaissancetheater. Das Rockmusical von Hansele/Hedwig aus Ostberlin/Kansas, die als alternde Diva ihre Lebens- und Liebesgeschichte erzählt und rockt. Würdiges, ungewöhnliches rockiges Ende eines Barrie-Kosky-reichen Kulturwinters. Zudem an bezaubernder Spielstätte. I put on my make-up and turn on the eight-track.
Darstellertrivia 1: Sven Ratzke (Hedwig) wurde im selben Jahr nur wenige Kilometer entfernt im deutsch-niederländischen Grenzgebiet geboren, wie Ilse DeLange, die wir letzte Woche sahen. Zufall?
Darstellertrivia 2: Noëlle Haeseling (Itzhak) ist die deutsche Hörspielstimme von Prinzessin Lillifee. Und nun werde ich den Rest meines Lebens glauben, dass Prinzessin Lillifee eine jüdisch-bulgarische Dragqueen ist.
Da ich noch Multizip bin, hatten wir reichlich Hustenbonbons und Maske dabei. Die Gartenzeit dient folgerichtig dem Entzippen bei leichtem Rehaprogramm: Lange schlafen, sehr behutsame Arbeit an der frischen Luft (vorzugsweise bei Sonnenschein.), viel nichtalkoholisches Trinken. „Echtes“ angrillen (also ernsthaftes Fleisch): Ein Krustenbraten landete im Grill, dazu Grillpastinaken.
Dazu Podcast hören: Wer hat Angst vorm Drachenlord. Meine Güte. Die Geschichte ist noch krasser als ich schon immer dachte.
Birne, Mirabelle und Kische blühen wie noch nie. Die Äpfel sind kurz davor. Der Goldlack verbreitet sic selber um die Ecke herum. Die Rosen bereiten die Blätter vor. Madame bewunderte die blauen Anemonen. Die Indigo-Lupinen scheinen unsere letztjährige Teilung mittels Axt und Kettensäge überstanden zu haben. Beide Pflanzenteile treiben aus.
Nachbar Caninero hat einen neuen Rasenmähroboter.
Christine Cazon schrieb einen Q&A zum Cannes-Filmfestival. Und ich stelle fest: Cannes-Festival und Berlinale haben zumindest eines gemein: Es ist traditionell arschkalt.
Wir werden nächste Woche vermutlich nicht genug Kochzeit haben. Aber die New York Times veröffentlicht immerhin etwas zum Nachlesen: The History of the Coronation Chicken.