Blick von der Tribüne auf Alabama-Trainingsspiel. Das weiße Team steht an der Line fo Scrimmage, das rote Team in der Verteidigung.

22-11-28 Auburn 27 Alabama 49

Madame sah abends einen Kannibalenfilm.

Während ich heute Mittag in, um und um den Bahnhof Südkreuz herum stromerte, sah ich, dass der „Club der Mittelalterlichen“ anscheinend endgültig sein Vereinsheim verließ. Das Schild war nur noch zur Hälfte vorhanden, auch der Rest des Hauses wirkte verlassen.

Das machte mich traurig. War dieser Club doch eines dieser Berlin-ist-nicht-rational-Monumente. Wir haben den Bahnhof Südkreuz: ICE-Halt, Knotenpunkt zweier S-Bahnlinien, direkt mit Autobahnanschluss und doch noch in der erweiterten Berliner Innenstadt. Und das einzige Gebäude überhaupt, das in der Nähe liegt, in Kirschkernspuckweite gar, ist ein Vereinsheim eines geselligen Clubs für Singles ab 45.

(Und das ist im harmlosesten aller möglichen Sinne gemeint.)

Aber es kam wie es kommen musste: unter gefälligem Beifall des Tagesspiegels verlangweilt und normalisiert sich das Südkreuz. Bürohäuser, Konzernzentralen und staatlich geförderte Gemeinwohlprojekte entstehen. Und alles was irgendwie anders und spannend ist, muss weichen. Wieder eine schön-abstruse Ecke weniger in der Innenstadt.

Bizarre Ecken bietet der College Football. Auch da ist so viel historisch gewachsen und logisch nicht erklärbar, dass er zu meinem US-Lieblingssport werden musste. Vieles ist dort so irrational. Allein, die Stadien, die zu den größten Stadien der Welt zählen und in den US-Äquivalenten von Marburg, Tübingen und Jena stehen. Nur dass zwischen Ann Arbor oder Tuscaloosa und der nächsten Großstadt mehrere hundert Meilen liegen.

Wenn das französische Terroir ein Duft der Erde ist, der sich über alles legt, ist der Lokalbezug im College Football eine Ladung Schlamm direkt ins Gesicht. Diese Woche war Rivalry Week – was in der Schlamm-Terroir-Logik natürlich die wichtigste aller Wochen ist. Ich mein, wen interessiert ob Schalke Meister wird. Hauptsache sie gewinnen gegen Dortmund. Wen interessiert, ob Alabama Meister wird? Hauptsache, sie schlagen Auburn, die andere Uni in Alabama.

Blick von der Tribüne auf Alabama-Trainingsspiel. Das weiße Team steht an der Line fo Scrimmage, das rote Team in der Verteidigung.
Bild: Alabama A-Day Game 2010-04-17 von: Carol M. Highsmith Lizenz: This work is from the Carol M. Highsmith Archive collection at the Library of Congress. According to the library, there are no known copyright restrictions on the use of this work.
Carol M. Highsmith has stipulated that her photographs are in the public domain

Und obwohl Alabama dieses Jahr ein vergleichsweise schlechtes Jahr hat. Auf Platz 7 des Rankings liegt (bitte nicht fragen, wie das zustande kommt – historisch gewachsen). Der souveräne Sieg über Auburn entschädigt für vieles.

Vor dem Kannibalenfilm waren wir afghanisch essen. Madame musste während des Films trotzdem immer an Wurstgulasch denken.