Riesenrad vor blauem Himmel mit einzelnen Wolken. Zu seinem Fuß ein Bahnhofsschild "Warnemünde."

23-06-18 Große Hafenrundfahrt

Freitag arbeitete ich, glaube ich. Wenn ich in den Dunklen Ecken meines Gedächtnisses krame, erinnere ich mich daran, dass es bei Kollege Kiefer dauernd piepte. Vor noch längerer Vergangenheit schwärmte mir der Moabiter von der SAP-Kantine in Walldorf vor. Freitag lief der Bahnhof Südkreuz über mit ankommenden Schulklassen, die von Klassenfahrten zurückkamen.

Wie schnell ein Tag in Vergessenheit gerät, wenn ein volles Wochenende folgte. Oder eher: ein voller Samstag. Der heutige Sonntag diente dem Erholen. Wir gruschtelten sonntäglich-angemessen zu viert auf den Latifundien, frühstückten so spät, dass wir Honigbrote in der Mittagshitze schmierten. Irgendwie kamen im Laufe des Tages sechs Himbeeren „Autumn First“ in den Boden, frischer Spargel und Kratzete sowie Erdbeeren auf den Tisch.

Die Knautien können wir langsam in Kubikmetern messen. Die Ramblerrose Apple Blossom beginnt die Blüte, während Ghislaine de feligonde schon blüht – leider in eine Richtung von der niemand außer Traktorfahrern auf dem Feld nebenan etwas hat. Der Liguster des Nachbarn möchte ganz dringend in unseren Garten. Auf der Wiese tummeln sich Glockenblumen und ein Platterbsenfeld.

Verschiedene Nachbarn berichteten im Verlauf des Wochenendes von den Erfahrungen beim Rentenübertritt.

Ich las mich durch das Fernunimodul „Investition“. Nach dem Ärmelkanal-im-Sturm-Durchschwimmen – und ich weiß immer noch nicht, ob ich ertrunken bin, (Algorithmische Mathematik) fühlt sich Investition an wie 5 Kilometer im Hallenbad. Aber auch die wollen geschwommen sein. Und auch im Hallenbad kann man ertrinken.

Noch drei Wochen bis zum letzten Abgabeschluß für Einsendeaufgaben. Das bedeutet noch dreieinhalb Wochen bis Urlaub. Das wird der erste Urlaub-Urlaub ohne jeden Klausurbezug seit Anfang 2022. Langsam habe ich es nötig.

Aufwachen heute morgen mit wehem Knie. Noch mal eingeschlafen: Knie war okay, dafür wehte der Rücken. Willkommen in der Welt Ü40.

Es war aber auch ein langer Tag gewesen am Samstag.

Rein ins Auto, auf nach Richtung Nord. Zwei Zwischenhalte, Parken im Stadthafen Rostock: Auf die Rostocker 7, knapp eine Stunde die Warnow entlang nach Warnemünde. Dort zweimal die Hafenpromenande entlang gelaufen. Bei „Backfisch-Tilo“ verschiedene Backfisch-Varianten gekauft (und diverse Möwenschutzmaßnahmen bewundert). Mit der Rostocker 7 zurück in den Stadthafen. Allgemeine Erschöpfung machte sich breit. Nach der Rückfahrt Abendausklang in Hohen Neuendorf in der Himmelspagode.

Am „Treffpunkt Riesenrad“ entdeckt, dass man dort dreimal im Jahr im Riesenrad frühstücken kann. Man setzt sich in eine Gondel, das Frühstück wird gebracht und dann fährt man eine Stunde. Mir fallen diverse Menschen ein, denen man das schenken könnte. Aber keinen, den wir bis zum 2. Juli nach Warnemünde locken werden. Von uns vier, hätte nur ich Interesse gehabt.

Riesenrad vor blauem Himmel mit einzelnen Wolken. Zu seinem Fuß ein Bahnhofsschild "Warnemünde."

Warnemünde erinnert stark an englische Seebäder zwischen Brighton und Blackpool. Wie ein deutschlandbesuchender Engländer einst sagte: „Endlich mal normale Menschen.“

An uns vor fuhr eine Hybrid-Motor-Segel-Fähre mit Flettner-Rotor vorbei. Das ist um einiges aufregender als ein schnödes E-Auto.

Auf der Hinfahrt wunderten wir uns auf der A19 über die verschiedenen Autos mit finnischen Kennzeichen. Nachdem wir den Finnland-Frachter und die verschiedenen Skandinavien-Fähren gesehen hatten, sagten bei jedem der zwei Dutzend norwegischer Autos auf der Rückfahrt „Ja, ist klar.“

Klimaaktivisten säumen meinen Weg. Nachdem ich auf dem Arbeitsweg regelmäßig an der an-Straßen-festgeklebten-Variante vorbeiradle, versuchten sie nun auf Kanus die AIDAdiva aufzuhalten, die Abends auslaufen wollte.

Kreuzfahrtschiffe aufhalten erscheint mir inhaltlich sinnvoller und politisch anschlussfähiger zu sein, als Pendler zu nerven. Und ein bestimmt-optimistisches „Smash Cruiseshit“ liegt mir auch stilistisch mehr als dieses selbstmitleidig-egostilisierende „Letzte Generation.“ Ich war sehr erfreut über die Kanut*innen.

Neben unserer Berliner Wohnung existieren inzwischen so viele Barber Shops, dass nun ein Barber-Shop-Bedarfs-Geschäft öffnete. Eine Straßenecke weiter öffnet ein Juicy Burger, Est. 2023. Und obwohl ich seit Jahren fast täglich an beiden Ladenlokalen vorbeikomme, kann ich um’s Verrecken nicht sagen, was dort vorher für Geschäfte waren.

Am Blog-lesen liebe ich diesen Einblick in andere Welten:

Herr Rau hat einen Lauf und erzählt vom Erzählen. Christine Cazon geht an den südfranzösischen Strand. Das immerhin sind Leben, bei denen ich nach Everything Everywhere All at Once denke: hätte ich früher in meinem Leben andere Abzweigungen genommen, könnte ich heute ähnlich leben.

Überhaupt keine Variante meiner selbst kann ich mir vorstellen, die freiwillig „Mozart!“ das Musical hört. Aber ich bin sehr fasziniert, davon zu lesen.

2 Gedanken zu „23-06-18 Große Hafenrundfahrt“

  1. Everything everywhere … musste ich erst googeln, der Trailer macht mich fertig. Zu Viel und alles gleichzeitig, so fühlt sich mein Leben als Hochsensible bereits an, das brauche ich nicht noch potenziert. Aber was die Abzweigung angeht, man kann die immer noch nehmen! Aber das RL ist auch in Südfrankreich mit Strand viel weniger charmant. Liebe Grüße!

    1. Der Trailer treibt den Film natürlich auf die Spitze. Gestreckt auf 140 Minuten ist es schon friedlicher. Aber klar: der Name des Films ist Programm. Die Grundannahme ist eigentlich ein Klassiker der Science Fiction und zum Teil der Philospohie: das Multiversum. Jede Entscheidung erschafft ein neues Universum. Wenn ich mich entscheide, ob ich heute noch schwimmen gehe, oder nicht – dann wird ein Universum erschaffen, indem ich schwimmen gehe und eines in dem ich zu Hause bleibe. Von da an geht es weiter.. und so weiter. Südfrankreich – würde ich mich aktuell ja eher überraschen. Aber an sich bin ich immer für fast alles offen, und mein Leben nahm schon die ein oder andere überraschende Wendung.

Kommentare sind geschlossen.