25-06-29 Laufkundschaft im Nirwana

Auf der Budapest Pride waren mehrere hunderttausend Menschen. Besser werden die Nachrichten nicht.

In Steglitz kann mensch Austernmesser mit einem Griff aus zerstoßenen Austernschalen kaufen.

Es war ein Donnerstagabend, ein Office-Freitag und ein Latifundien-Samstag, durchgehend schwül bei wechselndem Temperaturen. Von: 21 Grad und schwül bis zu „Ladevorgang des Telefons unterbrochen bis dieses wieder normale Temperaturen hat.“

Teile der Kollegenschaft verabschiedeten sich ins lange Wochenende auf das Fusion-Festival. Natürlich nur Verwaltung, die anderen müssen hitzegenervte Berliner*innen in den Freibädern bändigen.

Auf dem Weg ins Büro: der Geruch von frischem Asphalt am Morgen. Immerhin eine Baustelle, die erkennbare Fortschritte macht.

Das märkische DHL versucht seit zwei Tagen ein Paket auszuliefern, scheitert aber immer an „Krankheit oder Unfall oder Arbeitszeitüberschreitung.“ Was schade ist – nachdem Pakete und Briefe in Berlin schon längerem ein Glücksspiel sind, war die Lage in den märkischen Hamptons bis 2024 mustergültig. Pakete kamen wie angekündigt, Wünsche funktionierten und wir kannten die Austrägerin. Offenbar gab es eine Umorganisation.

Ein Lob der Schöneberger Nachbarin von gegenüber. Diese erschafft ein wahres grünes Paradies auf ihrem Balkon.

Gelesen: Carlo Levi „Die doppelte Nacht“ und weiter in „Wir schon wieder.“ Später dazu mehr.

Die 606 mit Mangolikör

Es war Donnerstag am späten Nachmittag. Für den Abend war ein mittlerer Weltuntergang angekündigt, vorher war es the new normal mit Temperaturen jenseits der 30-Grad-und-Schwüle. Ich also im besten IT-im-Home-Office-bei-30-Grad-Outfit, Madame hatte sich noch aufgerafft ins Insulanerbad zu gehen.

Anruf von der Bank: Wir haben noch ein Konto, wegen dem sie uns seit über 10 Jahren nicht gesehen haben – das stimmt. Es ist ein reines Funktionskonto, das macht was es soll und keinerlei Aufmerksamkeit bedarf.

Und weil die Bank keine aktuellen Ausweise und Unterschriften haben, soll das Konto jetzt gesperrt werden – WHAT??? Es stellte sich heraus, dass sie uns im Februar ein Dokument geschickt hatten – das wurde auch ausgefüllt und unterschrieben – aber falsch! WHAT???

Wir können aber gleich bis 18 Uhr in Steglitz vorbeikommen und Ausweise zeigen. Es war 17:20h in Schöneberg und ich so unvorbereitet auf Außeneinsätze wie mensch nur sein kann. Außerdem: Schwül, Unwetter.

Aber hilft ja nichts. Ich habe etwas herausgesucht was auf den ersten Blick als ernsthafte Hose erkennbar war. Wir sind zum Bus, dann nach Steglitz und im Eilschritt zur Bank. WIr waren mal echte Laufkundschaft.

Dann haben wir brav Ausweise eingescannt, drei Stammdatenverträge unterschrieben, erfahren, dass die Dame gerade nur die Vertretung ist1, während wir aus dem Fenster sahen, wie der Himmel immer dunkler wurde, die Bäume sich wild schüttelten. Aber wenn das Banksystem 30 Sekunden benötigt, um den Stammdatenvertrag zu öffnen, dann benötigt es halt 30 Sekunden.

Wir kamen im trockenen Sturm wieder aus der Bank. Es waren noch ein paar Meter zur Bushaltestelle. Madame bemerkte, dass sie nach Möglichkeit nicht vom einem Baum erschlagen werden möchte und wir jetzt einfach ins nächstes Lokal gehen, dort mit einem Abendessen den Sturm überbrücken.

Jenseits der Kreuzung war „…sches Restaurant“ an einer Fassade zu lesen. Leider war die Kreuzung sechsspurig mit dichtem Verkehr, so dass wir die grünen Ampeln abwarten mussten. Und der Regen begann, und nach 15 Sekunden waren wir nass. Also die letzten Meter im Laufschritt ins Restaurant. Der Abend der Laufkundschaft zum Zweiten.

Das entpuppte sich als „indisches Restaurant Nirwana“. Sie waren sicher hocherfreut uns durchgeschwitzt und vollgeregnet im Hause begrüßen zu dürfen, waren aber trotzdem ausgesprochen nett.

Idunda ist auf Hochzeitsreise in Kopenhagen

Wir kamen auf Zoos zu sprechen und inspiriert von Frau Brüllen fragte Madame sich, was auf den Basler Zooelefanten ihrer Jugend wurde. Die beiden Anwesenden und Idunda, die laut Schild, immer auf Hochzeitsreise in Kopenhagen war.

Dabei stieß Madame auf die Geschichte der fünf Elefäntli, die alle als Babies vom Zoo Basel gekauft wurden – natürlich eine Riesenattraktion waren, und auch gerne mal durch die Stadt geführt wurden; auch war es üblich, dass Kinder auf ihnen reiten durften. Soweit rekonstruierbar waren diese immer im Elefantenhaus angekettet. Zu Madames Zeiten waren zwei davon bereits gestorben, Idunda war unterwegs und die anderen beiden standen im Zoo.

Welch unterschied zu heute. Im Jahr 2025 bereibt der Zoo Basel eine „berührungslose Haltung“, die natürlich sehr viel näher am natürlichen Leben der Elefanten ist, zum Beispiel auch aber bedeutet, dass medizinische Maßnahmen nur stattfinden können, wenn die Elefanten aktiv mitmachen. Und wenn nicht, dann nicht. Wie jetzt als eine Elefantenkuh starb, weil ihr Baby im Körper starb aber nicht entfernt werden konnte, und jetzt auch die Mutter starb.

A long way seit den Fünf Elefäntli.

Zum Glück ist der Garten eh viel zu trocken zum Kohlanbau

Madame brachte Bitumen entlang der Gierschfront aus. Während Nachbar Ost gerade Giersch produziert, verhält sich der Bambus auf der Seite von Nachbar West friedlich – vermutlich ist es dem zu trocken.

Über der Wiese 30-40 Kohlweißlinge gleichzeitig. Dem benachbarten Rapsfeld sei dank. Dazu Schachbrettfalter, Zitronenfalter, Kleinzeug (Schwebfliegen, Käfer, Bienen) aller Art und die großen Holzbienen. Madame vergleicht ihren Flug mit Militärhubschraubern: groß, dunkel und immer sehr zielgerichtet etwas ansteuernd.

Eine Wiese in gelb und rosa und violett. Die Knautien blühen noch, inzwischen aber hat das Labkraut die halbe Wiese eingenommen und blüht im bezaubernden Gelb. Darüber eine rosa-weiße Schicht aus rankenden Platterbsen. Hätten wir etwas von geplant, wir hätten es uns nicht besser ausdenken können.

Da die Temperaturen erträglich sind, erfolgte leichtes Sommeraufräumen – Mohn an diversen Stellen abmähen, Schönheitskorrekturen mit der Heckenschere und die diesjährige Finalisierung des Wiesenwegkonzeptes. Die Pergola bekam ihr Schattiernetz, so dass auch die Sonnetage kommen können.

Den Rosen geht es geht, Apple Blossom fühlt sich sichtlich wohl.

And I knew it complete

Prägendes Erlebnis meiner ehemaligen Interrail-Fahrt: der knallevolle Nachtzug von Montpellier nach Calais – nur ein Abteil war fast leer. Was sich erklärte, wenn man die Tür öffnete: Es stank massiv nach Alkohol. Ich war damals ebenso unerschrocken wie faul und zog einen Sitzplatz mit Abenteuer dem Gangstehen vor. Ich lernte einen lustigen Polen kennen, der mir Rotwein aus einer Plastik-Colaflasche anbot und mir ausführlich vom Theaterfestival in Avignon erzählte. Seitdem bin ich Fan des Festivals, freue mich natürlich wenn Christiane noch etwas mehr dazu schreibt: Erinnerungen an Avignon

What’s the Right Way to Translate Chinese Dish Names? (via Kaltmamsell)

Beste Art der Fernreise: von der aus Vietnam stammenden Kollegin zu deren Hochzeit in Vietnam eingeladen werden.

Der Herr Flusskiesel hat seine Blogroll überarbeitet und eine kleine und feine Liste zusammengestellt. Und das sage ich nicht nur, weil iberty darauf steht.

Posts mit Billy Joel werden hier natürlich immer verlinkt: It’s sad and it’s sweet

Famous last words

Es gibt zwei Gründe, warum ich noch ein New-York-Times-Abo habe. Einerseits. Durch mehrfaches kündigen und Bleib-hier-Angebote zahle ich derzeit nur 2 Euro im Monat dafür. Andererseits der Dealbook-Newsletter, der halt Nachrichten aus Perspektive der Finanzwirtschaft erzählt. Einerseits eine Perspektive, die ich sonst woanders nur schwerlich bekomme, andererseits sortiert der ziemlich gut nach relevanten Themen und irrelevanten Sau-durchs-Dorf-Debatten durch. Zum Wochenende zum Klimawandel (und ja, ich halte den Tonfall für Sarkasmus):


Banks have started to bake this [Klimawandel-]forecast, once thought extreme, into their research. A recent report from Morgan Stanley on the air-conditioning market, which is expected to benefit from increases in urbanization as well as the frequency and intensity of heat waves, said its “base case” was a 3 percent rise in average global temperatures. In that scenario, how much did analysts expect the cooling market to grow by 2030?

A. 16 percent, to $272 billion

B. 41 percent, to $331 billion

C. 104 percent, to $479.4 billion


  1. Unser Glück vermutlich. Der eigentlich zuständige Herr hätte uns vermutlich einfach in die Kontosperrung laufen lassen und dann einen Formbrief geschickt. ↩︎

Ein Gedanke zu „25-06-29 Laufkundschaft im Nirwana“

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