Blick vom Rang 2 auf die Berlinale-Leinwand und den Saal der Verti Music Hall.

24-02-22 TRAU (Transcoder and Rate Adaption Unit)

Das Baugerüst richtet sich häuslich ein. Im Hinterhof hängen erste Blumenkästen an seinen Stangen.

Madame war beim European Headquarters und brachte Gibanica-Börek mit. Später holte sie beim Späti Maracujas und Moro-Orangen.

Madame gestaltete eine Heuristik zur Verteilung von Projektplätzen, auf deren Auswirkung alle, einschließlich Madame, sehr gespannt sind.

War Vorgestern wirklich erst Vorgestern? Erstaunlich, was ein Tag intensiven Lernens mit dem Geist anrichtet; wie sehr er sich jenseits von Raum und Zeit katapultiert, wenn er intensiv darauf fokussiert aus dem Stand eine „Blind Signature“ klausurgerecht formulieren zu können. Noch 24 Stunden bis zur ETTI-Klausur. (Technische Informatik / Theoretische Informatik / Betriebssysteme / Rechnernetze).

Das ist alles super interessant. Und so irgendwann im Dezember hatte ich auch alles einmal verstanden. Aber dann warf die Mathe-Klausur ihre Schatten voraus, beanspruchte jeden Hirnzipfel und jetzt gilt es, im Turbo wieder aufzuholen. Ich stelle fest: ist doch einiges an Stoff.

Aber vorher war es: Montag Mittag. Ich lag im Wohnzimmer und starrte an die die Decke. Klausurende. Vielleicht habe ich den Nachmittag über auch noch anderes gemacht. Aber wahrscheinlich nicht. Abends packte Madame mich ein und wir fuhren zur Berlinale: Dahomey.

Dienstag begann die Zeit knapp zu werden. Also der Versuch, gleichzeitig den Kopf frei zu bekommen und ihn schon wieder mit ETTI zu füllen. Ich fuhr mit dem 248er-Bus drei Stationen zur Station Sportzentrum Schöneberg.

Dann lief ich zurück, um das vergessene Deutschlandticket zu holen, auf dass mich die beiden Kontrolleure aufmerksam gemacht hatten.

Danach fuhr ich wieder mit dem 248er. Diesmal bis zur anvisierten Station Spittelmarkt. Von dort über das BBB-Kundenzentrum (kurz „Hallo“ sagen) in die Schwimmhalle Fischerinsel. Obwohl die Bahnen voll fahren, ließ es sich gut und flüssig schwimmen. Schon länger war ich nicht mehr so im Flow im Schwimmbad.

Auf jeder Bahn war genau eine Dame, die offensichtlich keinerlei Wahrnehmung ihrer Umgebung besaß. Aber die anderen konnten gut herum manövrieren. Als dann die zweite Dame ohne Raumwahrnehmung in „meine“ Bahn kam, hatte ich eh ausgeschwommen. Ich konnte die beiden sich selbst und ihrem kommenden Crash überlassen.

Ich lies mich weiter bis zum Alex fahren, trank im noch-geöffneten Kaufhof-Restaurant einen Kaffee, sah Leuten zu und las mich durch formale Sprachen und deterministische endliche Automaten.

Zustand: Diese Mischung aus Erschöpfung und Anspannung, bei der ich aufpasse, mich beim Kochen nicht ernstlich zu verletzen. Kochend Wasser ist gefährlich. Das mit den vier Modulen im Semester ist eine Challenge.

Assemblercode ++ STOP ++ Formale Sprache ++ STOP ++ Semaphoren ++ STOP ++ Double hash

Aktuell reicht es, mich mit einem Modul zu beschäftigen. In 24 Stunden beginnt die Klausur ETTI. Ein Modul, viele Themen. Von „Was genau passiert in einer CPU in einem Takt“ bis hin zu geostationären Satellitenbahnen und GPS. Aufgeteilt in zwei unterschiedliche Kurse:

Technische/Theoretische Informatik besteht auf einem schmalen Skript, dass in mathematischer Verdichtung kein Wort zuviel schreibt. Ich habe mir im Laufe des Semesters zwei externe Lehrbücher mit je700 Seiten besorgt und komplett durchgelesen, um wirklich zu verstehen, was im Skript steht.

Falls der Lehrstuhlinhaber dort in der Klausur in die Tiefen des P-NP-Problems hinabsteigt und sich zu sehr auf die MARS-Programmierung versteift wird es schwierig. Meine Recherchen deuten aber darauf hin, dass ein größerer Teil der Punkte auch weniger hart zu erringen sein wird.

Betriebssysteme/Rechnernetze: Es gibt kein Skript, sondern Videovorlesungen und dazu gehörige Folien. Der Dozent ist Dipl-Ing, der Stil erfrischend pragmatisch. Das fühlt sich alles so angenehm an, dass erst beim Rekapitulieren auffällt, welche Tour de Force auch er aufbietet.

Dort wo die technische Informatik aufhört (ein Prozess in einem Prozessor) macht er weiter: Was passiert, wenn mehrere Prozesse auf den Prozessor zugreifen? Wie kommt es zur Kollisiondvermeidung? Welches Scheduling läuft ab und wie wird es synchronisiert? Und dann ein fröhlicher Ritt durch das OSI-Modell und seine physikalischen Grundlagen, Wlan, Bluetooth, GSM, UMTS, Netzwerkprotokolle und kürzeste Wege.

Ich habe versucht, mir den erlaubten Spickzettel zu schreiben. Und wenn ich nur wichtige Formeln, Definitionen und Abstraktionen von Schaubildern aufmale, bin ich bei mehreren Seiten. Es bleibt spannend.

Ich vermute stark, es wird in der ein oder anderen Form das Mobilfunkdiagramm auftauchen, dessen Bezeichnungen in mir nicht merken kann. Die klingen mir alle gleich:

BTS = Base Transceiver Station (der Funkmast)

BSC = Base Station Controller (verwaltet die Funkmasten)

TRAU = Transcoder and Rate Adaption Unit (Schnittstelle zwischen Backbone (Network Switching Subsystem/NSS) und den Funkmasten (Base Station Subsystem / BSS)). Bündelt die niedrigen Übertragungsraten des GSM-Systems in die höheren Raten des technischen Backbones.

MSC mit VLR = Mobile-services Switching Centre mit Visitor Location Register (Hat im NSS die Übersicht über das Geschehen im BSS)

Und so weiter. Wobei ich vermute, ich gehöre zu den Letzten, die das noch so lernen. Das ganze ist das GSM/GPRS-Modell, das ja mittlerweile auch nicht mehr im Einsatz ist.

Andererseits ist auch eCash noch Teil des Stoffs, weil der Dozent das technisch so toll findet. (Und nebenbei wäre ein Zahlungssystem, das in alle Richtung anonym ist, natürlich viel besser als das heute herrschende Kreditkarten/Paypal-Monopol)

(Merken für wenn ich mal viel Zeit habe: Den Wikipedia-eCash-Artikel überarbeiten. Oder einen deutschen Artikel zur Blind Signature anlegen. Die Auffassung, dass Verfahren technisch außergewöhnlich ist/war, scheinen in der entsprechenden Community viele zu teilen.)

Glélé, Ghézo und Béhanzin

Unser übliches Berlinale-Verfahren ist: wir suchen uns einen Zeitpunkt, an dem wir können, haben eine vage Rangliste von Aufführungsorten im Kopf, besorgen Tickets und lassen uns vom Film überraschen. 2024 führte uns das Verfahren erstmals in einen Film, der im Wettbewerb läuft: Wir sahen Mati Diops „Dahomey“ in der Verti Music Hall.

Blick vom Rang 2 auf die Berlinale-Leinwand und den Saal der Verti Music Hall.

Ein 67-minütiger Dokumentarfilm. Inhaltlich begleiten Diop und Kamerafrau Josephine Drouin Viallard die Benin-Skulpturen, die 2021 als Raubkunst aus Paris zurück nach Benin gebracht wurden. Vor allem sprechen die Bilder:

Zum einen gibt es Aufnahmen des Transports: Einpacken, sichern, verstauen, umladen, auspacken. Es gibt die Empfangsprozession/Straßenkarneval in Benin, der die Statuen empfängt und Bilder vom Aufbau und ihrem neuen „Leben“ im Präsidentenpalast des Landes.

Der Kommentar ist spärlich. Einzig kommentierendes Wesen ist Gezo (in Fon: Ghézo), eine der Statuen, dessen Stimmlage und Kommentare aus einem Bereich zwischen Traum und Handlung stammen.

Der andere Teil schneidet, wieder unkommentiert, eine Diskussion zusammen, die junge gebildete Beniner (vermutlich Student*innen) über Raubkunst, die Bedeutung der Statuen, die 7000 noch fehlenden Stücke und die Frage, was damit zu tun ist.

Eindrücklich alles.

Auf dem Heimweg liefen wir an Luciano vorbei, der anscheinend in der Mercedes-Benz-Arena ein Konzert gegeben hatte und nun noch etwas mit der Gitarre vor der Halle musizierte.

Sloppy Joe in Colorful

Im Münsterland leben Flamingos.

Ein Besuch im kleinsten Theater Münchens.

Ich lernte das Wort extradiegetisch.

Kochblogs gegen Faschismus kochen bunt. Eine schöne Blogaktion, ich verlinke auf ein persönliches Soulfood: (Bunte) Sloppy Joes.

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