24-12-01 Vom Zuhören (Stille – Cluster – Da da da daa)

2024 unifrei! Nach der Seminararbeitsabgabe am Donnerstag und der letzten kleinen Einsendeaufgabe am Freitag sind die Fernuni-Pflichttermine beendet. Zur Feier des Abends öffneten wir die Flasche Champagner, die hier schon viel zu lange auf einen besonderen Anlass herumwartet – und immer wenn ein Anlass sich anlasste, waren wir nicht in Champagnerlaune.

Jetzt geht es Mitte Januar weiter mit der nächsten Einsendeaufgabe und dem Präsenzseminar zur Seminaraufgabe.

Im Rausch ob des erreichten Reichs der Freiheit machte ich was man in Freiheitsextase halt so tut: Ich erstellte eine Excel-Mappe. Sie heißt „Dezember/Weihnachten 2024“. Danach war der Rausch der Freiheit wieder vorbei. Aber ich habe wieder vage einen Überblick über ein paar Wochen Leben.

Auch erledigt: Urlaubsanträge für 2025 eingetöckelt. Dabei freie Tage für die Bachelorarbeit vorgemerkt. Für die Bachelorarbeit! Diesen Sommer schon. Es fühlt sich sehr merkwürdig und ein wenig erschreckend an.

Professioneller macht das Kollege W, der nächste Woche an der Excel-Weltmeisterschaft in Las Vegas teilnehmen wird. Er ist schon vor Ort. Wie ich ihn einschätze wird er alle Verlockungen Las Vegas‘ ignorieren um Speedexceltraining zu absolvieren. Von den vielen Absurditäten, die einem das Berufsleben beschwert, stand „Du-wirst-mit-einem-Excel-WM-Teilnehmer-zusammenarbeiten“ auf gar keiner meiner erwarteten Listen.

Habe wegen Glasfaser mit der Telekom-Hotline telefoniert; als jemand der auch die Anbieter-Seite von solchen Hotlines gut kennt, war ich beeindruckt ob des Ablaufs. Respekt.

It wasn’t me. Tatsächlich freue ich mich ja über jeden Baustellenlärm, den er sagt mir, wir kommen einem Dach über dem Kopf wieder näher. Außerdem wären wir viel zu langweilig, um Waffen, Drogen oder Munition im Hause zu haben.

Die Dachbodenbauarbeiten fuhren letztens Eisenträger mit dem Fahrstuhl nach oben. Das ist erfreulich, denn es zeigt, dass die Baustelle sich schon wieder in der Phase Aufbau befindet und die Phase Einreißen beendet hat. Allerdings bringt jede Bewegung der Träger über das Dach auch ein vollkommen neues Maß der Erschütterungen in unsere Wohnung.

Ich glaub, dieser Christian Lindner ist gar nicht so helle, wie er von sich selber denkt.

Madame coachte mit der Pferdemetapher und freute sich ob ihres größten Vorteils: Sie hat keine Ahnung von Pferden und kann deswegen frei erfinden.

Digitalisierung bedeutet, sehr viele (nahezu alle) organisationsinternen Prozesse anzufassen, und in eine digitale Form zu überführen. Dafür muss man erstmal verstehen wie diese Prozesse funktionieren.

Letztens musste ich aus heiterem Himmel an des Lumpenpacks Hit Hauch mich mal an denken.

Berlin-Mitte-Mitte ist ein eigentümliches kulinarisches Ödland. Entweder man muss zu Mr. Kebab oder noch schlimmeren Touri-Abfüllstationen oder gleich zu Nobelhart & Schmutzig oder dem Borchardt (okay, am Ende auch Touri-Abfüllstationen, nur auf einem anderen Preisniveau). Dazwischen gibt es wenig.

Das ist misslich, denn Mitte-Mitte bietet auch verschiedenste abendlich Ausgehgelegenheiten, die wir gerne mit Essen davor und Wein danach verbinden würden. Wenn es denn ginge. Da war dieser Samstag erfolgreich: das Avan in der Mauerstraße erwies sich unkomplizierter japanischer Vietnamese (oder vietnamesischer Japaner), bei dem das Essen wirklich hervorragend war.

Die Bar im Foyer des Hiltons an Gendarmenmarkt war ein angenehmer unkomplizierter Zwischenort, in der wir mit Professor Transformation und der Urberlinerin noch Gin Tonic und Tee tranken, lauschend einem Barpianisten, der zu meiner großen Freude Billy Joel spielte.

Cage – Ligeti – Bach – Beethoven

Billy Joel allerdings hatte uns nicht nach Mitte gelockt. Uns lockten die größten Kracher der klassischen Musik des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. Oder wir Joana Mallwitz, Chefdirigentin und künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin, sagte: Zentrale Werke der Musikgeschichte.

Faszinierend: Während ein Johann-Sebastian-Bach noch das unbekannteste Werk auf der Programmliste war, wirkte das Programm in Kombination frisch und originell. Unter dem Titel „Der Klang des Weltalls“ spielten Konzerthausorchester unter Joana Mallwitz und Iveta Apkalna (Orgel):

  • John Cage: 4:33
  • Györgi Ligeti: Atmosphères
  • Johann Sebastian Bach: Fantasie und Fuge c-Moll BWV 537 für Orgel in der Bearbeitung für großes Orchester op. 86 von Edward Elgar
  • Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 5

Im ersten Teil fast faszinierender als die Stücke selber: die bruchlosen Übergänge, die Mallwitz spielen ließ. Von der absoluten Stille des Cages in den „87-Instrumente-spielen-87-verschiedene-Halbtöne“-Anfang von Ligeti. Vom überraschend kurzen Ligeti als wir uns alle zu unserer Überraschung in der Bach/Elgar-Fuge wiederfanden.

Gelernt: 4:33 Stille in einem ausverkauften Konzertsaal macht etwas mit einem. Es wirkte beinahe wie eine Prüfung des Publikums.

Zweiter Teil: Die Symphonie, die so bekannt ist, dass echte Spitzenorchester sie auch kaum noch wirklich spielen. Hart, etwas zu spielen, das wirkliche jede*r im Publikum im Ohr hat. Aber okay, Meisterwerk, müssen wir nicht drüber reden.

Joana Mallwitz redete darüber. In einer Einführung. Sofort wurde klar, warum Berlin ihr zu Füßen liegt: Diese Mischung aus Humor und Kenntnis, die Fähigkeit ihre Begeisterung für die Werke auf das Publikum zu übertragen, begeistert. Zum Ligeti – bekannt natürlich als Filmmusik aus 2001 Space Odyseey – spielte sie noch kurz die anderen beiden Stücke Also sprach Zarathustra von Richard Strauss und Die Blaue Donau von Johann Strauss an.

Sie erklärte, dass Beethoven die Frage beantwortete wie ein großes Orchester eingesetzt werden kann – mit der Symphonie als Königsform mit Melodie, Harmonik und Rhythmus. Und wie Ligeti diesselbe Frage ganz anders beantwortet – ohne Melodie, ohne Rhythmus und die Harmonik in Clustern – alle Halbtöne eines Intervalls werden gespielt.

Der Flügel war nur zur Einführung anwesend. Danach: Orgel.

Direkt bevor die Musik startete, eine zweite ungeplante Ansprache. Mallwitz sprach darüber, wie sehr Zuhören ihr als Konzept am Herzen liegt, gerade heute. Wie sie 4:33 ins Programm setzte, um die Bedeutung des Hörens und gegenseitiges Zuhörens deutlich zu machen, wie sehr die klassische Musik dazu beiträgt diese Fähigkeit zu schulen. Und sie sprach darüber wie sehr die „sehr kurzfristigen, planlosen und einschneidenden“ Finanzkürzung des Berliner Senats diese bedrohen. 4:33m Stille nicht mehr nur als Aufforderung sondern als Bedrohung. Denn die großen Konzerte werden weniger gekürzt, sondern die Vermittlung, die experimentellen Formate – das was die Kultur lebendig und wertvoll hält.

Man mag ihr wünschen, dass im Publikum dieses großen Abo-Konzerts genug weißhaarige CDU-Granden saßen, die mal ein Wort mit ihrem Bürgermeister oder Kultursenator reden.

Da da da daa!

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Fundstück: Mehr darüber wie 2001 Space Odyseey die Musik von Györgi Ligeti einsetzt: How 2001 Uses György Ligeti’s Music

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